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Tiny Habits - Gewohnheiten verändern leicht gemacht?

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Mehr Sport treiben, sich gesünder ernähren, mit dem Rauchen aufhören. Jeder hat sein eigenes Set an Vorsätzen und doch scheitern alle. Aber warum eigentlich?

Quelle: Pixabay
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Unter dem Begriff Gewohnheiten versteht man im Allgemeinen so etwas wie Verhaltensweisen oder Routinen, die sich täglich, wöchentlich oder zumindest regelmäßig wiederholen. Laut Sozialpsychologe Bas Verplanken bestreiten wir 30 bis 50 Prozent unseres Alltags mit Gewohnheiten. Nur so können wir neben der Routine unseren Tag planen und wichtige Entscheidungen treffen. Gewohnheiten laufen in einer Schleife ab: das Hirn sucht oder empfängt einen Reiz, der eine Handlung auslöst, auf die eine Belohnung folgt. Gewohnheiten etablieren sich laut Lars Schwab, einem Kognitionspsychologen der Uni Hamburg, indem sie mit der Zeit in tiefere Gehirnregionen wandern und zu Routinehandlungen werden. Solch tiefsitzende Gewohnheiten sind schwer zu ändern, da wir hierzu unseren Verstand ankurbeln und bewusst denken müssen.


Tiny Habits – Die Lösung des Problems?

Die Tiny-Habits-Methode wurde von dem US-Amerikanischen Wissenschaftler BJ Fogg entwickelt. Er erforscht, wie Verhalten nachhaltig verändert werden kann. BJ Fogg fand heraus, dass alles, was es braucht, um Verhalten zu beeinflussen, die Möglichkeit ist, etwas zu tun und ein Trigger. Die Tiny-Habits-Methode beruht auf dem Ansatz, Gewohnheiten durch winzig kleine Schritte, die an bereits bestehende Gewohnheiten gekoppelt werden, in unseren Alltag einzuführen. Durch die Größe ist es egal wie motiviert man ist. Die Kopplung an die bereits bestehende Gewohnheit garantiert einen von vornherein etablierten Automatismus. Ein Beispiel: Wenn ich zu Mittag gesessen habe, gehe ich für zehn Minuten an die frische Luft.

So etabliert man Stück für Stück eine neue Gewohnheit. Irgendwann sind die neuen Verhaltensweisen dann Teil der alltäglichen Routine. Zum Schluss muss man sich noch loben. Sonst funktioniert es nicht. Es müssen sich realistische und konkrete Ziele gesetzt und die Neue an eine bereits bestehende Gewohnheit geknüpft werden. Die Größe der Gewohnheit ist wichtig, denn desto kleiner die Handlung, desto eher bleibt man am Ball. Als Letztes feiert man sich selbst direkt danach, egal ob die neue Gewohnheit ausgeführt oder nur daran gedacht wurde.


Das Selbstexperiment

Klingt an sich recht schlüssig und einleuchtend. Die großen Hürden und Probleme sich neue Gewohnheiten anzueignen, scheinen gelöst. Ich war neugierig, ob das Ganze wirklich so einfach ist und habe es getestet. Ich wollte schon lange wieder vor dem Schlafen noch ein bisschen lesen und nach einem ganzen Tag im Home-Office ein bisschen draußen spazieren. Auch vergesse ich ständig die zusammengefassten Hörbücher einer App zu hören, die dummerweise immer nur 24 Stunden verfügbar sind. Das Lesen habe ich an meine Serien-Suchterei direkt vor dem Schlafen gekoppelt. Den Spaziergang an den Toilettengang nach dem Home-Office und das Hörbuch an den Blick in den Kühlschrank, nachdem ich anfange fürs Abendessen zu kochen.

Nach Tiny-Habits-Methode habe ich mir kleine Schritte ausgewählt: einen Absatz lesen, eine kleine Runde um den Block, ein paar Minuten des Hörbuchs. Wie vermutlich zu erwarten war, ist die Tiny-Habits-Methode keine Wunderlösung. Trotzdem muss ich gestehen, dass es einfacher war als früher. Ich wurde auf eine seltsame Art und Weise daran erinnert, dass da ja noch was ist, was ich machen möchte. Komplett ausgesetzt haben diese Signale nur, wenn ich schlicht zu müde war, nicht im Home-Office gearbeitet habe, es draußen kalt und dunkel war oder ich unterwegs war. Hierbei fielen aber auch meist die Trigger weg. Und im Falle von Dunkelheit und Kälte oder Müdigkeit hat meine Motivation schlichtweg das Diagramm verlassen. Daher würde ich der Tiny-Habits-Methode die Perfektion absprechen, aber ihr ein Daumen hoch mitgeben. Es hat immerhin besser geklappt als bisher.

Ich würde sagen: eine Mischung der verschiedenen Ansätze. Die Tiny-Habits-Methode ist ein genialer Ansatz. Man sollte sich allerdings zusätzlich regelmäßig aktiv in den Kopf rufen, was man verändern möchte und in gewissen Zeitabschnitten überprüfen, ob es geglückt ist, eine Gewohnheit zu etablieren oder nicht. Auch, ob es zur persönlichen Zufriedenheit geschehen ist, oder nicht. Eine Kombi von neuen Gewohnheiten ist durch ihren Zusammenhang und die Erinnerung mit Sicherheit vorteilhaft. Ich bin gespannt, was die Verhaltensforschung in Zukunft herausfindet. Die Tiny-Habits-Methode ist in der Theorie perfekt. In der Praxis hingegen macht sie es einem leichter gewisse Hürden zu überwinden, seine Wunschgewohnheiten kann man aber immer noch nicht per Zauberhand plötzlich etablieren. Daher: Probiert immer weiter und findet euren perfekten Mix.

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