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Frühstückslektüre | Burger aus der Petrischale

Verfasst von Carolin Paas am

In meiner WG wird gerade gekocht. Meine zwei Mitbewohnerinnen stehen in der Küche und schnibbeln Gemüse, während in der Pfanne schon der Tofu gebraten wird. Mara und Jana ernähren sich beide seit ungefähr einem Jahr vegan, wenn es also wie heute bei uns Burger geben soll, bestehen die Patties meist aus Tofu, Sojaschnetzel oder anderen Fleischalternativen.

Klar, denn an echtes Fleisch kommt man schlecht, ohne ein Tier dafür töten zu müssen. Oder?

Nicht unbedingt, denn die Wissenschaft hat in den letzten Jahren einige Fortschritte gemacht. Bereits 2013 stellte der Wissenschaftler Mark Post von der Universität Maastricht den ersten Burger aus In-Vitro-Fleisch vor. Er bestand aus Muskelfasern, die aus den Stammzellen eines Rinds gezüchtet worden waren. Damals betrug sich der geschätzte Preis eines solchen Burgers auf bis zu 250.000 Euro, mittlerweile konnte er auf 10 Euro gesenkt werden. Noch ist fraglich, wann es den Stammzell-Burger zu kaufen geben wird, doch Unternehmen aus Israel und den USA arbeiten daran, das Verfahren zu verfeinern und das Petrischalen-Fleisch bald auf den Markt zu bringen.


Nach dem ausgiebigen Burgeressen sitzen wir wie so oft am Küchentisch. Ein kurzer Blickwechsel, schon wird die erste Flasche Wein geöffnet. Und es ist Zeit, meine Mitbewohnerinnen zum Thema Stammzellen und Fleisch zu befragen, denn für mich als Nicht-Veganerin ist die Aussicht auf ein solches Produkt natürlich interessant, jedoch nicht ganz so weltbewegend wie für Leute, die sich an den Geschmack von Fleisch nicht mal erinnern können.


Wann habt ihr zum letzten Mal Fleisch gegessen und wie sehr vermisst ihr's?

Jana: Puh, das müsste jetzt schon über 6 Jahre her sein. Damals bin ich Vegetariern geworden, zu Beginn allerdings eher aus gesundheitlichen, statt aus ethischen Gründen. Seit dem hatte ich nur ab und zu das Gefühl, etwas zu verpassen, denn sobald ich mich mit den Hintergründen der Fleischproduktion auseinandergesetzt hatte, hab ich ganz von selbst den Appetit auf Fleisch verloren.

MaraVor zwei Jahren hab ich meinen letzten Burger gegessen. Ich muss aber dazu sagen, dass ich den Geschmack und die Konsistenz von Fleisch nie besonders mochte und mir der Verzicht darauf extrem leicht fällt. Ich esse tatsächlich lieber Tofu und vermisse es eigentlich überhaupt nicht.


Also, was haltet ihr von der Idee, Fleisch aus Stammzellen zu züchten?

Jana: Meiner Meinung nach eine super Sache, denn es müssten zum einen keine Tiere mehr für Fleisch getötet werden, Petrischalen sind im Vergleich zur Massentierhaltung aus wesentlich platzsparender und damit umweltfreundlicher.

Mara: Ich finde die Idee ebenfalls gut. Wir Menschen haben so viele Möglichkeiten und Technologien zu unserer Verfügung, diese sollten wir nutzen um den Planeten zu schützen und das Leid der Tiere zu verringern. In-Vitro-Fleisch scheint für mich eine sinnvolle Investition zu sein.


Und würdet ihr selber in einen Burger beißen, der aus In-Vitro-Fleisch besteht?

Jana: Defintiv! Ich lebe vegan, weil ich nichts konsumieren möchte, für das einem anderen Lebewesen Leid zugefügt wurde. Und da für einen solchen Burger kein Tier getötet oder eingesperrt werden musste, wäre er für mich vegan.

Mara: Hm, ich denke, ich würde tatsächlich nicht reinbeißen. Aber eher aus dem Grund, dass ich kein großer Fleisch-Fan bin. An sich würde ich aber auch sagen, dass ein solcher Burger vegan wäre und ich ihn essen könnte, wenn ich wollte.


Was haltet ihr davon, dass Fleischproduzenten wie Tyson und Wiesenhof bereits in die neue Technologie investieren?

Jana:
Nun ja, auf der einen Seite ist es immer schwierig zu wissen, dass ich mit meinem veganen Einkauf zum Teil Firmen unterstütze, die an anderer Stelle nicht-vegane Produkte verkaufen. Auf der anderen Seite sehe ich aber auch die Chance, dass Stammzell-Burger mit größerer finanzieller Unterstützung auch schneller auf den Markt kommen könnten. Außerdem sollte man jeden Einkauf wie ein Voting sehen, beim Kauf eines veganen Produkts oder künstlich gezüchteten Fleischs gebe ich also so oder so meine Stimme ab und hoffe, dass Firmen darauf reagieren.

Mara:
Sehe ich ähnlich. Ich bin froh zu hören, dass große Konzerne das Potential einer solchen Entwicklung sehen und diese fördern. Und selbst wenn's am Ende nur um Geld und Gewinn geht, so würden trotzdem weniger Tiere leiden, würden wir unsere Burger im Glas herstellen.

Fleisch aus der Petrischale hat also viele Vorteile und könnte bald eine attraktive Alternative für Veganer sein. Vor allem aber könnte es den Fleischmarkt komplett revolutionieren und Massentierhaltung überflüssig machen. Bis es soweit ist, die Produktionskosten gesenkt und die Burger auf dem Markt sind, werden meine Mitbewohnerinnen und ich wohl erst Mal weiterhin fröhliche Tofu-Burger-Abende veranstalten und uns über die Wunder der mordernen Wissenschaft unterhalten.

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