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Fandom und Religion

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Wookiepedia ist die Bibel, ComicCon das Mekka und Harry Potter der Messias. Fankulturen und ihre Strukturen haben einiges mit denen organisierter Religionen gemeinsam.

(CC BY 2.0) Michel Curi / flickr.com

Aber wie passt das eigentlich zusammen, Fandom und Religion? Die erste offensichtliche Gemeinsamkeit ist das Gefühl von Gemeinschaft. Entweder verlangt die Religion grundsätzlich eine Partizipation mit der Gemeinschaft, zum Beispiel bei einer Messe, oder die Gläubigen finden sich freiwillig in einer Gemeinschaft zusammen, um sich über ihre persönlichen wie alltäglichen Erfahrungen auszutauschen. Ähnlich ist es beim Fandom. Der Grundsatz des Fandoms ist schließlich der Austausch zwischen Fans. Egal ob auf Conventions oder Online-Foren, der kommunale Aspekt ist ein essentieller Bestandteil der Fankultur.

Eine Weitere Gemeinsamkeit ist das Konzept des Kanons. Der Kanon beinhaltet alle Schriften, Ideen und Geschichten, die den Maßstab einer Religion oder im übertragenen Sinne einer Geschichte bilden. Wird im Christentum eine Geschichte kanonisiert, gilt sie als Teil der Bibel. Was zum Kanon gehört und was nicht hat schon häufiger zu hitzigen Debatten in der Theologie geführt. 
Ähnlich verhält es sich bei Fandoms. Ist Albus Dumbledore schwul, weil J.K. Rowling es in einem Interview bestätigt hat, obwohl seine Sexualität im Text nie erwähnt wird? Darf man die Midichlorianer in Star Wars ignorieren, weil sie der populären Interpretation der Macht widersprechen, obwohl sie ein etablierter Bestandteil der erzählten Geschichte sind? Gerade die Star Wars Fangemeinde ist bekannt dafür sich pedantisch mit dem Kanon zu beschäftigen und genau zu klassifizieren, was eindeutig zum Kanon gehört und welche Geschichten einen eher zweifelhaften Status haben. 
Der Kanon bildet den Grundsatz der Glaubensgemeinschaft und ist damit ein essentieller Bestandteil religiöser Strukturen. 

Zudem kann das Fan-Sein auch einen missionarischen Charakter haben. Immer wieder möchte man das Medium seiner Leidenschaft anderen Menschen näher bringen und sie von der eigenen Erkenntnis überzeugen. Trifft man doch Jemanden, der dem Lieblingsfilm ablehnend gegenübersteht, dann versucht man denjenigen zu bekehren. Meist vergeblich, aber der Impuls ist trotzdem da. 

Am ähnlichsten ist das Fandom der Religion, wenn sie das Leben der Fans beeinflusst. Unzählige Genrewerke vertreten in ihren Geschichten Werte wie Nächstenliebe, Mut und Neugierde und die Fans internalisieren diese Werte nicht selten. So wurden schon einige gemeinnützige Organisationen im Namen bekannter Fandoms gegründet. Beispielsweise The Force for Change zu Star Wars und The Harry Potter Alliance, die sich für Gleichberechtigung, Menschenrechte und Alphabetisierung einsetzt. Und der ein oder andere Trekkie wurde von ihrer Lieblingsserie bei der Karrierewahl beeinflusst. 

Es gibt auch eine weitere enge Verbindung zwischen Fandom und Religion: Dabei handelt es sich um eine Religion, die sich Jediism nennt und der Philosophie der Jedi folgt, wie sie in den Star Wars Filmen und diverser anderer Medien dargestellt wird. Eine fiktive Religion hat damit den Sprung in die Realität geschafft. 1,5% der Neuseeländer gaben bei einer Volkszählung in 2001 Jediism als Religionszugehörigkeit an. Ganz ernst kann man das natürlich nicht nehmen, aber die Philosophie der Jedi ist schon mal stärker definiert als die der Pastafari und hat einen spirituellen Bezug. 

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