Leitung: Maximilian Latz, Nadja Heckelsberg

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Pre-Internet Independent: „Hearts On Fire“

Verfasst von Wiebke Reimers am

Es gibt Samstage, an denen pilgert man in die Plattenläden seines Vertrauens und gräbt für Stunden gegen die Zeit - bis die Türen hinter einem schließen. 

Wiebke Reimers

Meine Inspirationsquelle waren die Regale im Plattenhandel „Sally’s Records“. Benannt wurde der Laden nach einem der ansässigen Stubentiger mit mindestens ebenso viel Musikgeschmack wie die Geschäftsführer und die Kunden. Im grünen Lindenthal in Köln zog es mich somit an einem sonnigen, freien Tag vor die unendlichen Weiten von Schallplatten-Ansammlungen.

Einer der Schätze und eine klare Wiederentdeckung schlich sich ganz harmlos an: „Hearts On Fire“ steht in dick schattierten Buchstaben auf dem Cover; in der Mitte eine viktorianisch anmutende Frau, die sich verträumt die Haare kämmt; ganz unten der bescheidene Titel „You May Not Know“.

Nichts hätte meine Verwunderung besser zum Ausdruck bringen können als die Aussage „You May Not Know“. Das Altrosa der Platte und das sich einschleichende Gefühl, von dieser Band schon einmal etwas gehört zu haben, bejahten dann meinen Kaufreiz.

Gekauft und in der Tasche gut verstaut, hörte ich mir dann die EP ein paar Tage später an. Mein Entschluss war schnell gefasst: Man muss viel, viel öfters unbekannte Sachen nur nach Cover kaufen. Denn das musikalische Bild, das ich dann zeitversetzt erfahren sollte, passt perfekt zum Optischen der Platte.

„Hearts On Fire“ erinnern an die besten Melodien der britischen Achtziger Jahre: New Order, The Cure und selbst The Smiths sind kaum zu überhören. Und dennoch wird die EP durch einen unverwechselbaren Stil gekennzeichnet.

„You May Not Know“ wurde 1985 bei dem englischen Label „Midnight Music“ veröffentlicht. Von Bushey, Watford im Nordwesten Londons wurde so Post-Punk in die ganze Welt geschickt. Insgesamt vier Lieder sind in A-Seite und B-Seite gepresst:  „You May Not Know“, „Four Corners (Of My Soul)“, „Persuade You Again“ und „Love On Trial (Acoustic Version)“ lassen jeden Indie-Rock-Fan in einen Trance-Zustand fallen. Der teilweise synchrone Gesang von den zwei dominanten Stimmen lässt einen erahnen, dass es die Anfänge einer aufstrebenden Band gewesen sein müssen.

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Bei der Recherche im Internet wird man zunächst nicht schlauer als auf der eher informationskargen Rückseite der Platte. Die Band scheint nicht mehr zu existieren, denn unter einem der beiden einzigen Liedern, „You Promised Me A Camera“ und „Seasons“ , auf YouTube liest man mehrere nostalgische Aufrufe zur Reunion:  „I have uploaded this to try and locate some of the member of this band to catch up with after 25 years! Are you out there guys? Get in touch!“

Unübersehbar also, dass Post-Punk schon seit einigen Jahren sein berechtigtes Revival feiert. Selbst 32 Jahre nach dem Erscheinen der zuvor besprochenen Platte scheint Hearts On Fire noch neue Fans zu finden.

Ich suche weiter und finde dann verloren geglaubte Veröffentlichungen: Das Album „Dreams of Leaving“ wurde ebenfalls 1985 auf den Markt gebracht. Auf der LP findet man die schon erwähnten, auf YouTube hochgeladenen Lieder - und sogar „You May Not Know“.

Mit diesen Eckdaten lässt sich die Recherche dann einfacher bestreiten und ich komme schlussendlich  der Antwort zur Frage näher, wer sich hinter „Hearts On Fire“ versteckt:

Drei der vier Namen, auf EP wie auch LP, bleiben dieselben: Syn D'Cody, Peter Green und Mike Edmonds. Laut YouTube-Kommentar lebt die Sängerin Syn D'Cody nun in der Stadt Nontron in Frankreich und hat (mindestens) eine Tochter. Bassist Mike Edmonds scheint wie vom Erdboden verschluckt. Hinter P. Green steckt Peter Green, wie er via Kommentar wissen lässt. Er macht noch immer Musik, allerdings in der Band „The Revox“ und tritt so noch öfters in London auf. Da soll noch jemand sagen, Rock'n'Roll wäre tot!

Dennoch scheint der oder die Vierte im Bund, S. Eales, nur auf dem Cover der EP aufzutauchen. Die Mitwirkenden auf dem Album „Dreams of Leaving“ sind Gitarristen Billy Finn und Mitch Beam, Organist „The Midnight Rambler“, Percussion-Spieler A.F. Tolson, Pianist Louis Vause und Trompeter Jeremy Hirsch genannt. Ob sie S. Eales ersetzen sollten, lässt sich nicht sagen.

Mit der Maxi-Single „You Promised Me A Camera“ und seinen drei weiteren Tracks „Starting Line“, „Heaven“ und „Because You Care“ endete dann 1986 die vorzeitige Karriere der Band.

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Für alle, die jetzt aufmerksam geworden sind: Schallplatten der kleinen, aber feinen New Wave-Band „Hearts On Fire“ gibt es sogar noch zu erwerben. Echte Vintage-Platten aus den 80ern findet man auf discogs. Oder man erspart sich via Hyperlink das Suchen: Vinyl-LP “Dreams of Leaving” (1985), Vinyl-Maxi-Single “You May Not Know” (1985) und Vinyl-Maxi-Single “You Promised Me A Camera” (1986).

Als Download gibt es “(You Promised Me A) Camera” bei Amazon oder das gesamte Album bei iTunes. Streamen könnt ihr das Ganze auf Spotify.

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