Sandra 19.02.10 - viel Gewalt und Depardieu mit Wallawalla-Maehne

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Blog 19.02.10

En Familie so begann der Tag. Mit einer fremden, dänischen Familie zu der man sich gleich dazugehörig fühlte. Die Rede ist von den Rhein.... Sie führen seit 300 Jahren eine Bäckerei und beliefern sogar die Dänische Königsfamilie mit ihren Backwaren. Als beim Vater ein Tumor entdeckt wird, steht die Zukunft des Unternehmens und das der Familie in Frage. Die älteste Tochter Ditte steht zu allem Überfluss vor einer der wichtigsten Entscheidungen ihres Lebens. Baby oder New York?
Der Film ist sehr einfühlsam und bewegend. Das Ganze jedoch ohne schnulzig zu werden. Kein Wunder, dass der halbe Kinosaal schluchzte, nach Taschentüchern kramte und noch nach dem Film lange sitzen blieb. An dem Film gibt es nichts auszusetzen, aber auch nichts extrem besonderes. Wie die Regisseurin Pernille Fischer Christensen erklärt, habe sie keinen Anspruch auf Perfektion gehabt. Sie wollte lediglich das Leben zeigen, so wie es ist. Das ist ihr gelungen. Der Film wird einem komischerweise nicht lang (was ein Wunder ist, weil einem auf der Berlinale jeder Film über 90 Minuten zu lang erscheint), die Geschichte ist nicht besonders aber er bewegt und bleibt im Gedächtnis.

Der Film danach war leider nicht so erfreulich. Vor allem die weiblichen, durch En Familie bereits empfindsameren Besucher mussten bei „The Killer Inside Me“ von Michael Winterbottom, mehr als nur einmal schlucken.
Meine persönliche erste Problematik des Films war, dass in einem schrecklichen, texanischem, nuschel Amerikanisch gesprochen wird. Ich habe die ersten 15 Minuten, da keine Untertitel, fast nichts verstanden. Wie sich nachher herausstellte ging es nicht nur mir so, puh!
Der Film handelt von einem Cop in einer kleinen Stadt in Texas. Dieser fühlt sich genötigt die ein oder andere Person umzubringen. Er macht auch nicht vor der bezaubernden Jessica Alba, seine Affäre, halt. Im Gegenteil. Während er ihr Gesicht zerschmettert, beteuert er seine Liebe. Ja, richtig gelesen. Jessica Alba wird zerschmettert. Wer also hoffte am Anblick Albas erfreuen zu können hat sich getäuscht. Womit wir auch schon bei einem Problem des Films wären. Die rohe, unglaubliche Gewalt die gezeigt wird. Und zwar nicht etwa aus dem Off, sondern schön frontal und in der Totalen. Das ist als Frau und wahrscheinlich auch als Mann, kaum auszuhalten. Die Gewaltexzesse beschränken sich jedoch nicht nur auf Morde, sondern auch auf sexuell erregende Gewalt.
Sex wird im Film oft mit Gewalt in Verbindung gebracht. Bei so viel Gewalt gegen Frauen wird einem flau im Magen. Ob es dann nötig war, die Szenen so realistisch wie möglich zu filmen? Gewalt aus dem Off ist durch die Phantasie jedes Einzelnen oft eindrucksvoller. Ich befürchte schon fast, dass durch manche Szenen der Film als pornografisches Material missbraucht wird. Ich bezweifle, dass das im Sinne des Regisseurs ist oder war.
Die Geschichte basiert auf dem Buch von Jim Thompson. Am Ende kommt noch der große Überraschungsmoment. Bis dahin bleibt die Geschichte aber irgendwie unausgereift, trotz literarischer Vorlage. Besonders spannend fand war der Film also nicht. Negativ hinzu kommt, die Länge von zwei Stunden. Das fällt einem außerhalb der Berlinale vielleicht nicht auf. Im Rahmen der Berlinale hat die Länge jedoch zu gescharre, geseufze und schnarrchern im Berlinale Palast geführt. Den Buhrufen nach der Vorstellung zu urteilen, waren die anderen Kritiker auch nicht begeistert.

Ein heisser Favorit auf den goldenen Baeren ist und bleibt „Mammuth“ von Benoit Delépine und Gustave de Kervern. In dieser Tragikkomoedie spielt Gérard Depardieu 60 jaehrigen Arbeiter. Er hat lange blonde Haare und eine Mammuth aus den 70ern in der Garage, daher auch sein Spitzname, und geht in Pension. Bei der Pensionskasse stellt sich heraus, dass sechs seiner Arbeitgeber „vergessen“ seinen Lohn zu melden. Jetzt ist er gezwungen die Nachweise nachzureichen. Auf seiner Mammuth kehrt er in die Orte seiner Jugend zurueck und begegnet alten Freunden und Arbeitgebern.
Gérard Depardieu spielt den stillen 60 jaehrigen Arbeiter einfach hinreissend. Seine langen Haare sind allein schon sehenswert und sein riesiger Koerper auf der Mammuth wirken herrlich fehl am Platz. Der Film ist eine Geschichte ueber das Leben.
Das Gérard Depardieu eine Menge Trubel hervorrufen wurde war klar. Die ganze Pressekonferenz war rappel voll und der Seiteneingang des Hotels voller Fans. Doch die Aufregung hat sich gelohnt. Eine Journalistin hat sich bei der Crew fuer den tollen Film bedankt. Es sei ihr letzter Film auf der Berlinale, sie reise ab und freue sich die Berlinale mit Mammuth abzuschliessen.
Auf der Pressekonferenz gab sich die ganze Crew locker und riss einen Witz nach dem anderen. Fragen von kanadischen Journalisten werden prinzipiell nicht beantwortet, weil Kanada beschissene Saenger habe, verkuendete Delépine. Aussserdem wurde die Frage geklaert ob Depardieu Frauenkleider trage oder wie er beteuert ein afrikanisches Bubu. Zwischendurch warf die Kuenstlerin und Schauspielerin Miss Ming einen Satz auf deutsch ein, den keiner, wirklich keiner verstand. Die Dolmetcher hoben entschuldigend die Achseln.
Also ein gelungenes Ene fuer den heutigen Berlinaletag mit einem neuen Favoriten: Mammuth!

Wer die suessen Baerchen bekommt erfahrt ihr morgen. Wenn es heisst: and the golden bear goes to....“

Berlinale

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