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Repräsentation und Vielfalt im Film - Warum ist das eigentlich wichtig?

Verfasst von Lea Katharina Pflüger am

Womanizer Berlin (unsplash)

Anfang Juli hat die amerikanische Organisation GLAAD ihre jährliche Studie veröffentlicht. In dieser wird untersucht, ob und wie Hollywood-Filme Minderheiten im Film repräsentieren. Die Ergebnisse fallen recht mager aus: in den 44 analysierten Filmen werden nur 10 Figuren gezeigt, die LGBTQ sind. Von diesen Charakteren sind mehr als die Hälfte weiß. Keine einzige dargestellte Person ist Transgender, und das zum dritten Jahr in Folge.

Auch eine deutsche Studie der Organisation ProQuote, die sich für Vielfalt in deutschsprachigen Filmproduktionen einsetzt, liefert ähnliche Erkenntnisse: obwohl sich unter deutschen Schauspieler:innen viele Menschen aus marginalisierten Gruppen befinden, werden sie nicht eingesetzt. Und wenn eine diverse Rolle existiert, basiert diese meistens auf Stereotypen.

Aber warum ist es überhaupt wichtig, dass Vielfältigkeit im Film repräsentiert wird?


Filme als Spiegel der Realität


Im Manifest von #ActOut, einer Kampagne bei der sich fast 200 schauspielerisch tätige Menschen in Deutschland gemeinsam als lesbisch, schwul, bi, trans*, queer, intersex -und nicht-binär geoutet haben, heißt es: “Es gibt weitaus mehr Geschichten und Perspektiven als nur die des heterosexuellen weißen Mittelstands, die angeschaut und gefeiert werden. Diversität ist in Deutschland längst gesellschaftlich gelebte Realität. Dieser Fakt spiegelt sich aber noch zu wenig in unseren kulturellen Narrativen wider. Unsere Gesellschaft ist längst bereit. Die Zuschauer*innen sind bereit. Unsere Branche soll für ein Miteinander stehen und in ihrer Vielfältigkeit die Gesellschaft abbilden.”


Filme beeinflussen die Wahrnehmung und Meinungen der Menschen. Sie sollen spannende Geschichten erzählen, uns in andere Welten entführen, das Familiäre mit dem Fremdartigen kombinieren, uns unterhalten und uns erschrecken. Aber dabei spiegeln sie immer das Bild einer Gesellschaft wider, schließlich sollen sich die Zuschauenden in den gezeigten Figuren wiedererkennen können. Aber wenn die vermeintliche Realität, die gezeigt wird, hauptsächlich weiße heterosexuelle Männer beinhaltet, verändert auch das, was als Normal angesehen wird. Menschen, die einer bestimmten Religion, Herkunftsgruppe, Sexualität oder Geschlechtsidentität angehören sind keine Homogene Masse, sondern Individuen. Aber als solche werden sie häufig nicht gezeigt.


“Stories affect how we live our lives, how we see other people, how we think about ourselves.”, erklärt der Soziologe Michael Morgan in einem Interview mit Huffpost. Zuschauende ziehen Informationen daraus, was auf der Leinwand gezeigt wird. Wenn alle Arabisch-stämmige Menschen als Terroristen, alle Frauen als auf Männer angewiesene ‘Dame in Not” und alle schwulen Charaktere als weiblich, sensibel und hypersexuell dargestellt werden, bildet das Stereotypen. Für Menschen, die sonst keine Berührungspunkte mit einer Minderheit angehörigen Person haben, werden Stereotypisierungen Teil der Wahrnehmung. “Entertainment provides the seeds under which these things make sense to people, because they’ve seen a thousand images of ‘Latinos are violent,’ or ‘Asians are invisible,’ or ‘blacks are this’ or ‘women are that,’ so it is so easy to exploit,” sagt Morgan, “because it’s a knee-jerk reaction. It’s this, ‘Oh yes, yes, of course. I know that.’”


Unsichtbarkeit im Film heißt Unsichtbarkeit in der Gesellschaft


Aber auch wenn Minderheiten gar nicht gezeigt werden, hat das einen großen Einfluss, vor allem für die Menschen, die diese Identität besitzen. “Symbolic Annihilation” heißt das Prinzip, dass die Repräsentation von Minderheiten entweder ganz fehlt oder auf Stereotypen basiert. Menschen mit diesen marginalisierten Identitäten werden als anders definiert und somit symbolisch von der Gesellschaft ausgeschlossen. Das hält soziale Ungerechtigkeit aufrecht.


Martin Wilhelm, Geschäftsführer von Citizens For Europe, erklärt: “Es ist zentral, dass die Vielfalt der Gesellschaft sich vor und hinter der Kamera wiederfindet, dass alle, die Filmförderung durch Steuergelder, Rundfunkbeiträge und Filmabgaben mitfinanzieren, sich auch in den entstehenden Produktionen repräsentiert sehen.“


Funk-Serie DRUCK als Schritt in die richtige Richtung


Die funk-Serie DRUCK, basierend auf der norwegischen Erfolgsserie SKAM, behandelt die alltäglichen Themen und Probleme von normalen Jugendlichen in Berlin. Nora Voit von Zeit Online lobt die Darstellung von Lebensrealität in der Serie, denn Pubertierende dürften “muslimisch, of colour oder schwul sein – und zwar ohne permanent moralisch ausgeleuchtet zu werden.” Gerade die Figur David Schreibner, gespielt von Lukas Alexander von Horbatschewsky, ist ein Schritt in eine gute Richtung. David ist, wie sein Schauspieler, ein Transmann, und dazu auch noch nicht-weiß.


Aber das ist nicht das einzige, was seine Figur und seine Entwicklung in der Show ausmacht. Es ist nur ein Teil seiner Identität und wird zwar thematisiert, nimmt aber nicht komplett alles ein. Wie Horbatschewsky in einem Interview mit Jetzt erklärt „Sexualität und Geschlecht sind nur kleine Teile der Identität und Persönlichkeit eines Menschen und somit sollten Geschichten über ‚normale‘ Probleme auch mit einem Charakter erzählt werden können, der nicht cisgender und heterosexuell ist.“


Der Schauspieler erzählt auch, dass sich durch seine Rolle als David viele Fans gesehen gefühlt hätten. Es sei wichtig, viele queere und transgender Figuren vor allem in Produktionen zu haben, die an Kinder und Jugendliche gerichtet sind. So würde direkt gezeigt, dass es etwas normales ist, sich zum anderen Geschlecht hingezogen zu fühlen und dass es auch andere Menschen gibt, deren biologisches Geschlecht nicht mit dem eigentlichen zusammenpasst.


Minderheiten müssen sichtbar und normal sein


Es liegt ein langer Weg vor uns, aber ihn zu gehen ist wichtig. Menschen einer anderen Herkunft, Religion, Sexualität oder Geschlechtsidentität sind schon lang ein Teil unserer Gesellschaft. Es ist wichtig, das auch in Filmen und Serien zu zeigen. Oft sind Minderheiten entweder gar nicht zu sehen oder sie werden als Stereotypen gezeigt. Das hält soziale Ungerechtigkeit aufrecht, macht die Menschen unsichtbar und hat einen negativen Einfluss auf die gesellschaftliche Stellung. Figuren müssen vielfältig sein, und dabei sollte nicht ein einzelner Teil ihrer Identität in den Vordergrund gerückt werden. Echte Menschen bestehen aus verschiedenen Facetten, und alle sollten repräsentiert werden. Damit bestärkt man Minderheiten und fördert eine faire, vielfältige Gesellschaft.


Quellen: GLAAD, ProQuote, Vielfalt im Film, #ActOut, HuffPost, Jetzt, Citizens for Europe

Bild: Womanizer Berlin (unsplash)

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