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Geplatzter Traum oder einmalige Chance? - Auslandssemester während Corona

Verfasst von Lea Katharina Pflüger am

Kojo Kwarteng

Mehr als 70 Prozent aller Studierenden absolvieren während der Studienzeit ein Auslandssemester. Für viele Studiengänge ist ein längerer Aufenthalt im Ausland sogar Pflicht - die Corona-Pandemie scheint dem ganzen aber einen Strich durch die Rechnung zu machen. Reisewarnungen, Onlinelehre, Quarantäne, Lockdown - wie lässt sich das vereinen mit dem Traum vom Semester abroad?


Viele Kurse nur noch virtuell 


Eine Studie des Erasmus Student Network (ESN) hat herausgefunden, dass in 2020 nur etwa 65% der Studierenden ihr Auslandssemester wie geplant fortführen konnten. Fast alle Kurse wurden nur noch online angeboten- viele konnten ihre Gastuniversitäten, Lehrende und Mitstudierende nur virtuell erleben. Der Traum, in seinen Kursen interessante Leute aus der ganzen Welt zu treffen, rückte in die Ferne.

Studentin Mera (23) erzählt von ihrem Auslandssemester in Seoul, der Hauptstadt Südkoreas. Direkt nach ihrem Eintreffen im Land musste sie für 14 Tage in Quarantäne. Mit einer App wurde ihr Standort kontrolliert, nur für den Corona-Test durfte sie die Unterkunft verlassen. Ohne Bekannte, die ihr Essen lieferten, hätte sie das offizielle Quarantäne-Programm der Regierung wahrnehmen müssen - für schlappe 1200€ pro Person wird man in einem Hotel untergebracht und verpflegt. Für viele Studierende ist das nicht zu bezahlen.

Meras Seminare waren komplett online, so konnte sie niemand kennenlernen und es war schwierig Anschluss zu finden. Ohne soziale Medien und bereits in Deutschland kennengelernte Bekannte wäre sie wohl vereinsamt. Auch die Dinge, auf die sie sich eigentlich am meisten gefreut hatte, konnten nicht stattfinden. Konzerte, Festivals und Performances, für die Korea bekannt ist, mussten ausfallen.


Corona als Chance


Aber nicht alles ist schlecht im Corona-Auslandssemester. Mera sieht darin sogar viele Vorteile und kann ihre Zeit genießen. Denn während Deutschland im strengen Lockdown war, war in Korea alles offen. Mit wenigen Beschränkungen kann sie einkaufen, entdecken, essen, und erleben. Sogar Clubs haben geöffnet - solange man vor der Sperrstunde wieder Zuhause ist. Und während sie zwar ihre Pläne verwerfen musste, Koreas Nachbarländer zu bereisen, kann sie innerhalb des Landes uneingeschränkt auf Reisen gehen.

Die Maßnahmen in der Corona-Pandemie sollen sogar in Zukunft neue Dimensionen der Mobilität ermöglichen. Der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD) sieht eine große Chance im Zusammenhang mit der Digitalisierung: durch virtuelle Mobilität, das heißt man nimmt zwar an Kursen einer Universität in einem anderen Land teil, bleibt selber aber Zuhause, soll ein Auslandssemester noch für viel mehr Menschen möglich sein. Studierende, die aus Zeit- oder Geldgründen zuvor nicht die Aussicht auf ein Projekt im Ausland hatten, können so interkulturelle Fähigkeiten sammeln und Fremdsprachenkenntnisse verbessern.

Das wird das klassische Auslandssemester natürlich nicht ablösen. “Nach wie vor wird für viele Studierende der persönliche Kontakt mit einem Land und seinen Hochschulen im Fokus von Mobilität stehen, sodass die Sorge, virtuelle Mobilität könnte reale Mobilität ersetzen, eher unberechtigt ist”, so der DAAD.


Die Pandemie macht's möglich 


Wie man sieht ist ein Auslandssemester in Pandemiezeiten also sehr wohl möglich - und hat sogar gewisse Vorzüge. Ein Land mal ganz anders erleben als normal, feiern während das Heimatland noch im Lockdown ist oder in eine andere Kultur eintauchen, ohne überhaupt vor Ort zu sein. Das alles macht die Pandemie möglich. Ob nun in Zukunft viele Studierende Seminare in Harvard besuchen, während sie vor dem Fenster den Kölner Dom sehen? Möglich wäre es jedenfalls. Und das ist doch auch ein schöner Ausblick.


Bild: Kojo Kwarteng
Quellen: Deutscher Akademischer Austauschdienst, Erasmus Student Network, Deutsches Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung

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