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Frühstückslektüre | Klimawandel und der "Cola-Effekt"

Verfasst von Tamara Plempe am

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Der Klimawandel ist seit Jahren ein heiß diskutiertes Thema, weil er uns alle betrifft. Meistens denkt man dabei an immer größere Hitzewellen im Sommer, mehr Wirbelstürme und mehr Tsunamis, aber auch an die Warnung vor schmelzenden Polkappen und dem Anstieg des Meeresspiegels. In den Ozeanen verbirgt sich aber noch ein ganz anderes, weniger bekanntes Problem: Eine neue Studie aus den USA besagt, dass sich die Weltmeere - und damit auch die Erde an sich - viel stärker erwärmt haben als bisher angenommen, was Folgen für die Klimaziele von Paris 2015 haben könnte.

Die Ozeane sind riesige Wärmepuffer

Eine Gruppe aus Umweltforschern und Ozeanografen von der University of California, San Diego, der Princeton-Universität und dem GEOMAR-Zentrum für Ozeanforschung in Kiel haben zusammen mit Kollegen aus Frankreich und China jetzt eine aktuelle Untersuchung zur Wärmeaufnahme der Meere vorgestellt. Diese zeigt, dass die Weltmeere in den letzten 25 Jahren 60 Prozent mehr Wärme gespeichert haben, als man ursprünglich glaubte. 2014 vermutete der Weltklimarat in seinem "Fünften Sachstandsbericht", dass die Erde sich bis 2100 um ungefähr 4 ° C erwärmen wird, wenn sich an der Menge der Kohlendioxidemissionen der Menschen nichts ändert. Tatsächlich sind es aber sogar rund 6,5 ° C, sagt Laure Resplandy, eine Geowissenschaftlerin in Princeton und eine der Autorinnen der neuen Studie.

Sie und ihre Kollegen schätzen, dass die Weltmeere seit 1991 jährlich ca. 13 Zettajoule an Hitze absorbiert haben. Joule ist die physikalische Maßeinheit für Energie, ein Zettajoule entspricht dabei einer Sextillion Joules: Das bedeutet 1 Joule mit 21 Nullen. Zum Vergleich: Das ist das 150-fache dessen, was die Menschheit jährlich an elektrischer Energie produziert.  

Der Cola-Effekt

Wem jetzt vor lauter Zahlen noch nicht schwindlig ist, den interessiert vielleicht, wie die Gruppe eigentlich ihre Erkenntnisse gewonnen hat. Dazu wurde eine ganz neue Messtechnik eingesetzt: Zuvor benutzten Forscher oft Daten von sogenannten "Argo-Floats-Sonden", die mit den Strömungen durchs Meer treiben und dabei Temperatur und Salzgehalt des Wassers messen. Diese decken allerdings nur das obere Viertel der Meeresschichten ab. Deshalb wurden für die aktuelle Untersuchung zum ersten Mal in diesem Zusammenhang auch Messungen des Volumens von Gasen wie Sauerstoff und Kohlendioxid in der Atmosphäre aufgenommen. 

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Die theoretische Grundlage könnte man umgangssprachlich als den "Cola-Effekt" bezeichnen: Wenn man Cola in der Sonne stehen lässt, verliert sie irgendwann ihre Kohlensäure und gibt sie an die Luft ab. Genauso funktioniert es mit dem Meer: Wenn sich das Wasser erwärmt, setzt es Gase frei. Sauerstoff und Kohlendioxid sind dann in der Atmosphäre nachweisbar und lassen Rückschlüsse auf die gespeicherte Wärme im Meer zu.

Folgen und Aussichten

Das Ergebnis: Die Ozeane und auch der Planet an sich, haben sich in den letzten Jahren viel stärker erwärmt, als bisher errechnete Durchschnittswerte vermuten ließen. Das bedeutet auch, dass die Erde wohl empfindlicher auf die Emissionen von fossilen Brennstoffen reagiert, als man gedacht hat.

Die Forschungsgruppe um Resplandy fordert deswegen, dass der CO2-Ausstoß noch schneller und in größerem Umfang reduziert werden muss, als es im Pariser Klimaabkommen von 2015 festgesetzt wurde, wenn wir die Erderwärmung auf unter 2 ° C reduzieren wollen. Um dieses Ziel zu erreichen, müssten die Emissionen von Kohlendioxid um mindestens eine Tonne jährlich verringert werden. Im Moment liegen sie bei 40 Milliarden Tonnen pro Jahr, Tendenz sogar noch steigend. Bis 2050 sollte außerdem der vollständige Kohleausstieg erfolgen, da die Folgen sonst dramatisch sein könnten: Wenn die Emissionen immer weiter zunehmen und die Ozeane mehr Wärme speichern müssen, können sie zugleich - wie die in der Sonne vergessene Cola - weniger Sauerstoff in sich halten, was die marinen Ökosysteme durcheinander bringt. Außerdem werden darunter auch empfindliche Regionen wie die Korallenriffe der Tropen oder das Eis in der Antarktis leiden, die ohnehin schon sehr anfällig auf die Klimaveränderungen reagieren.

 

 

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