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Glühbirne | Meditation das Allheilmittel?

Verfasst von Julian Hess am

Die Meditation hat es mittlerweile geschafft, sich von einem Hippie-Phänomen zum Mainstream-Phänomen zu entwickeln. Viele Leute schwören auf die Entspannungsmethode in unserer beschleunigten Alltagswelt und einige halten sie sogar für eine Art Allheilmittel. Auch zahlreiche Studien bestätigen die positive Wirkung von Meditation. Aber gibt es gar nichts Negatives daran?

Ein buddhistischer Mönch meditiert am Tempel.
CC0 (pixabay.com/4144132)
Ein buddhistischer Mönch meditiert am Tempel.

Man hört einen blechernen Gong und ein kollektives „Ohmmmmm“. Ein kleines Grüppchen sitzt im Kreis zusammen und hat die Beine im Schneidersitz verschränkt. Außerdem riecht es komisch, sind das Räucherstäbchen? So oder so ähnlich stellt man sich eine klischeehafte Mediationsrunde vor. Kurz gesagt geht es bei der Meditation darum, seine eigenen Gedanken zu entschleunigen und man ihnen weniger Bedeutung beimisst, indem man aufhört seine Gedanken zu bewerten. Gleichzeitig übt man sog. Achtsamkeit, um sich den jetzigen Moment bewusst zu machen und somit Negatives auszublenden. Lange Zeit wurde die Meditation unterschätzt und von der breiten Masse als esoterischer Unsinn abgetan. Heute machen nicht nur „Hippies“ mit Dreadlocks Meditation. 55% der Deutschen behaupten, dass sie zumindest mehrmals im Jahr Zeit zur inneren Einkehr, Meditation oder ähnlichem nehmen. Sogar in den Führungsetagen großer Firmen werden immer häufiger Meditations-Seminare angeboten. Die Zahl der Studien zum Thema Meditation nimmt von Jahr zu Jahr zu, viele davon sprechen der Entspannungsmethode positive Effekte auf das Wohlbefinden zu. Sie hilft aber nicht bei jedem Weh-Wehchen und einige Aspekte der Mainstreamisierung können auch durchaus kritisch betrachtet werden.

Positive Effekte

Sogar Krankenkassen übernehmen zum Teil die Kosten für Meditationskurse, es muss also was Erwiesenes dran sein an der ganzen Sache. Tatsächlich belegen viele Studien den medizinischen Nutzen der Meditation und die damit verbundenen Folgen für das Wohlbefinden. Im Klartext heißt das: Angstsymptome können gelindert werden, Stress reduziert und sogar Blutzucker- und Blutdruckprobleme lassen sich gewissermaßen reduzieren. Im Gehirn verändern sich während der Meditation die Hirnströme. Unterschiedliche Areale sind während der Meditation aktiver, wie zum Beispiel die Bereiche, die die Aufmerksamkeit, die Emotionen, das Gedächtnis und die Körperwahrnehmung regulieren. Wenn man dann über einen längeren Zeitraum hinweg immer mal wieder meditiert, können diese Hirnareale damit trainiert werden und sogar wachsen. Bei Depressionskranken können Meditationen zur Behandlung in manchen Fällen mindestens genau so effektiv eingesetzt werden, wie herkömmliche Therapien. Den Patient*innen wird nach dem Prinzip der Meditation beigebracht, wie sie es schaffen, ihre Gedanken nicht mehr negativ zu bewerten. Die ungewollten Gedanken sind dann zwar noch da, allerdings werden sie durch die fehlende Bewertung der betroffenen Personen entschärft. Das kann wiederum dabei helfen, Konflikte besser zu verarbeiten. Auch Patient*innen, die an Krebs leiden, berichten nicht unbedingt von weniger Schmerzen, allerdings steigert sich ihre Lebensqualität dadurch, dass sie lernen durch die Meditation besser mit den Umständen umgehen zu können. Insgesamt scheint es also eine große Palette von Gesundheitsbeschwerden zu geben, bei denen die Meditation helfen kann. Aber den Status des Allheilmittels, welcher der Meditation manchmal eingeräumt wird, hat sie so nicht wirklich verdient.

(CC BY 2.0) JayCob L. / flickr.com

Kritische Punkte

Es gibt neben den scheinbar so überwiegenden positiven Aspekten des Meditierens aber auch eher kritische Punkte. Nur weil die Meditation bei vielen Angelegenheiten hilft, heißt das nicht, dass sie immer die beste Methode ist, um ein gesundheitliches Problem in den Griff zu kriegen. Für die Genesung einer viel häufiger vorkommenden Art der Depression ist Meditation eher nicht das beste Mittel. Hier setzt man lieber auf einen Therapie-Ansatz, der viel mehr auf Zwischenmenschlichkeit setzt, als auf das In-sich-kehren bei der Meditation. Bei chronischem Schmerzen hilft die Meditation zum Beispiel kaum, was auch durch eine Meta-Studie belegt ist. Außerdem gibt es Zweifel an der Aussagekraft vieler Studien zum Thema Meditation. Von 124 untersuchten Studien bescheinigen 108 eine positive Wirkung der Meditation. Das scheint aber wenig realistisch. Denn wenn man eine gewisse moderate Wirksamkeit der Meditation voraussetzt, muss es logischerweise auch immer Studien geben, die keinen Effekt zeigen. Man geht da von einer stärkeren statistischen Verzerrung aus. Daraus lässt sich schließen, dass die Meditation im Allgemeinen möglicherweise weniger effektiv ist, als angenommen. Laut Psycholog*innen kann die Achtsamkeitsmeditation sogar gefährlich werden. Menschen mit emotionaler Instabilität, Anfälligkeit für Psychosen, posttraumatischer Belastungsstörung und Erfahrungen von Depersonalisation oder Derealisation können durch Meditation ihre Symptome sogar noch verschlimmern.

Meditation kann sich negativ auf die eigene Motivation auswirken
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Meditation kann sich negativ auf die eigene Motivation auswirken

Ein weiterer kritischer Punkt ergibt sich aus der Wirkungsweise der Meditation. Man wird zwar zufriedener mit seiner aktuellen Lebenssituation, gleichzeitig führt dieses „Abfinden“ dazu, dass man weniger motiviert ist, Sachen anzupacken oder neue Dinge zu unternehmen. Das unter Studenten sehr beliebte Prokrastinieren könnte dadurch sogar noch weiter intensiviert werden. Vielleicht solltet ihr in der nächsten Prüfungsphase lieber nicht mit dem Meditieren anfangen. Auch unter Arbeitnehmern mindert das dann die Motivation auch mal auf der Karriereleiter eine Sprosse weiter zu klettern. Ob das dann schließlich aber gut oder schlecht zu bewerten ist, überlasse ich jedem selbst, kritisch betrachten sollte man das Ganze aber schon mal.


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