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Frühstückslektüre I Und was nimmst du? Pt.3

Verfasst von Lea Rosa Nima Oreyzi am

P. nimmt regelmäßig Drogen, wie er sagt: Alles was ihm grade in die Finger kommt. Und das in jeder möglichen Situation. Alkohol ist für ihn ein Grundbaustein, darauf könne er gar nicht verzichten. Ansonsten nimmt er 1-3 Mal in der Woche Kokain, Ecstasy, Speed, Schmerzmittel, Benzodiazepine, Gras… Er erzählt mir Geschichten vom Rausch.

(CC-0) fjord77 / pixabay.com


Dies ist der dritte Teil der Reihe : “Und was nimmst du?”, in der ich mich mit Konsumenten*innen und Suchtkranken treffe, um über ihre Erfahrungen mit Drogen zu reden. Ich möchte mit dieser Reihe auf ein Thema aufmerksam machen, das medial oft ignoriert und vertuscht wird. Aber auch eine solche Grauzone muss beachtet werden. Ich hoffe das Thema hiermit enttabuisieren zu können


Hier geht es zu Teil 1 und 2, und in diesem Teil möchte ich euch P. vorstellen:

Meinen dritten Gesprächspartner P. (21) besuche ich zu Hause. Er sei krank, hatte er mir geschrieben, aber ich könne gerne für ein paar Fragen vorbei kommen. Das tue ich. Er trinkt Espresso und raucht. Seine Haare sind kurz, ich hatte ihn anders in Erinnerung. Er erzählt mir von seinem letzten Koksrausch und dass eine Freundin dachte, es sei eine gute Idee sein schulterlanges Haar zu rasieren. Dabei grinst er schulterzuckend. Dann erzählt er von seinen letzten Wochen und man hört deutlich raus, dass diese ihn sehr belastet haben.

P. ist 21. Er träumt selten, wie er sagt. Er kann sich fast nie dran erinnern, wenn er meist erst um 13 Uhr aufsteht. Zur Zeit ist er in der Veranstaltungstechnik angestellt.

Ihm scheint wichtig zu betonen, dass er nicht aus “sozialer Misere” angefangen hat zu konsumieren. Er fängt  an zu erzählen:

Das erste Mal gekifft hat er mit 16 auf dem Internat. Es war Karneval und er war als “Rastamen” verkleidet, so wurde er von den älteren Schülern mit an den See genommen um mit ihnen zu kiffen.

Kurze Zeit später nahm er sein erstes Teil, Ecstasy. Sein bester Freund hatte das schon öfter gemacht und ihm davon erzählt, kurzerhand hat er es dann in einer Bar selbst ausprobiert. Er beschreibt sich als sehr neugierig, vor allem auf neue Erfahrungen.

Anfangs war es also Neugierde. Dann war es die Lösung auf alle Probleme, nur dass die Probleme durch die Drogen nur noch mehr geworden sind, wie er mir anvertraut. Er beschreibt seine Drogensucht als einen Teufelskreis. In der Anfangszeit war er noch auf dem Internat und hat seine Freunde nur am Wochenende sehen können. Irgendwann konsumierten sie dann jedes Wochenende gemeinsam.

"Ich habe meine Eltern immer seltener gesehen. Und dann hatte ich das Gefühl in dieser Freundesgruppe eine neue Familie gefunden zu haben. Und die Drogen haben uns eben verbunden. Das war meine ganze Identität."

Er dreht noch eine Zigarette und guckt mich schuldbewusst an. Dann aus dem nichts erzählt er mir von einem seiner Wochenenden:

“Ich hatte in der letzter Zeit mal wieder eine Phase in der ich recht viele Schmerzmittel genommen hab. Das größte Problem daran ist, dass man so schnell die Kontrolle verliert. Ja, ich wurde bewusstlos am Ebertplatz gefunden. Ich hab zu viel davon genommen, wollte mich mit einer Freundin treffen und bin auf dem Weg dahin umgekippt. Ich hab keinerlei Erinnerungen.”

Als ich nachfrage wie es dazu gekommen ist, was er vorher gemacht habe und was er genau genommen hat, atmet er schwer. Er wisse es nicht mehr. Das sei generell ein Problem, er hat mittlerweile so viele Gedächtnislücken. Aber er versucht es doch:

“Ich war feiern, keine Ahnung mehr wo, mit meinem ehemaligen Ticker. Wir sind dann morgens zum XYplatz gefahren. Da kann man immer - das ist schon schlimm - morgens von den Heroinjunkies die Medikamente, die die vom Arzt verschrieben bekommen, abkaufen. Und dann sind wir weiter, Alkohol, Speed gezogen. Ja und dann wurde ich von RTW Helfern geweckt”

Solche Erfahrungen sind für ihn nichts neues. Schon mehrere Male ist er wegen einer Überdosis ins Krankenhaus gekommen und schwebte auch zeitweise wegen Nierenversagen in Lebensgefahr. Das war das Resultat einer LSD-Überdosis, bei der er sich sehr glücklich schätzt, psychisch keine bleibenden Schäden erlitten zu haben. Er beschreibt dieses Erlebnis als Nah-Toderfahrung.

Sein Leben sieht er als eine Achterbahn von Phasen in denen es ihm besser geht und eben Phasen in dem es ihm schlechter geht. Und wenn es ihm schlecht geht konsumiert er meistens.

Zur Zeit geht es ihm nicht gut, gesteht er. In den letzten Monaten hat er wieder sehr viel, sehr regelmäßig konsumiert, obwohl ihm eigentlich ein Entzug bevorsteht. Er hat schon oft versucht aufzuhören, ist aber immer wieder rückfällig geworden. Jetzt hat er einen Platz in einer Klinik bekommen, für einen stationären Entzug. Dafür muss er vorher eine Entgiftung machen. Davor hat er große Angst.

Er hofft sehr es zu schaffen, aber ist auch unsicher. Die Zukunft ist für ihn im Moment noch ein großes Fragezeichen.

Als wir uns verabschieden habe ich ein flaues Gefühl im Magen, aber einige Tage später bekomme ich eine Nachricht. 

Er schreibt er sei jetzt in der Entgiftung und es gehe ihm sehr gut. Er scheint überglücklich mit der Entscheidung, und ich drücke ihm die Daumen, dass es dabei bleibt und er in Zukunft sein Glück woanders finden kann.


Drogenberatungsstellen

Sozialdienst Katholischer Männer (SKM) e. V. Köln

Fachambulanz Sucht (Zielgruppe über 27 Jahre)
Große Telegraphenstraße 31

50676 Köln

Telefon: 0221 / 2074-325

Fax: 0221 / 2074-322

Jugend Sucht Beratung Köln (Zielgruppe bis 27 Jahre)

Bismarckstraße 1-3

50672 Köln

Telefon: 0221 / 261543-0

Fax: 0221 / 261543-104

"Vor Ort" Kalk
Dieselstraße 17

51103 Köln-Kalk

Telefon: 0221 / 5602333

Fax: 0221 / 5602335

"Vor Ort" Porz
Friedrichstraße 19

51143 Köln-Porz

Telefon: 0221 / 204635

Fax: 0221 / 204037

Kontakt- und Beratungsstelle Ehrenfeld
Rothenkruger Straße 2a

50825 Köln

Telefon: 0221 / 5506363

Fax: 0221 / 5506333

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