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Glühbirne | Selfies im Urlaub. Alles nur Selbstinszenierung?

Verfasst von Julian Hess am

Stell dir vor du hast nen richtig schönen Städtetrip nach Paris gemacht, aber es gibt kein Selfie von dir mit dem Eiffelturm. Warst du dann überhaupt in Paris? Viele von uns scheinen diese Frage mit „nein“ zu beantworten. Fahren wir etwa nur noch in den Urlaub, damit wir in den sozialen Medien damit angeben können?

(CC-0) laura6 / pixabay.com


Ein Blick in die Newsfeeds meiner sozialen Medien reicht, um mindestens einen Freund oder Ex-Stufenkollegen beim Urlaub machen zu erwischen. Besonders scheint sich Instagram dazu anzubieten, seine Urlaubs-Selfies hochzuladen. Ich habe mir gerade mal fünf Minuten Zeit genommen, um die aktuellsten Stories abzuchecken und was seh ich da? Indien, Thailand, Spanien. …äh, Seychellen? Ok cool. Ihr seid alle ständig nur am Jetten und haltet euer Gesicht schön in die Kamera zu einem beliebig wechselnden exotischen Hintergrund. Da bekommt man ja sogar beinahe das Gefühl, es geht gar nicht mehr darum eine schöne Zeit irgendwo auf der Welt zu verbringen, sondern nur noch darum, es seinen Followern unter die die Nase zu reiben. Je weiter weg, desto besser lautet die Devise. Aber liegt das alles an Instagram und Co.? Was hat es mit dieser relativ neuen Art der Selbstdarstellung auf sich? Es gibt da verschiedene Herangehensweisen zur Beantwortung dieser Fragen.

Die eine Herangehensweise ist, die, die ich bereits hier angedeutet habe: Die Menschheit ist schlecht und egoistisch. Alles was die Leute wollen, ist andere zu beeindrucken und im Rampenlicht zu stehen. Das neueste Instrument, um in die Welt herauszuschreien „Seht mich an, ich bin cool!“ ist es, in den Urlaub zu fahren und Selfies von sich Online zu stellen. Denn Reisen ist mittlerweile zu einem Statussymbol geworden. Böse Zungen würden sogar sagen, dass man gar nicht um des Urlaubs Willen weggefahren ist, sondern nur, um alle Daheim Gebliebenen mit Hilfe von sozialen Medien zu beeindrucken und neidisch zu machen. Weniger böse, aber trotzdem kritische Zungen behaupten, es verschlechtert zumindest die Urlaubserfahrung. Denn selbst wer um des Urlaubs Willen weggefahren ist, aber trotzdem ständig auf der Suche nach dem besten Schnappschuss ist, vergisst das Genießen und Entspannen, während das eigene Ego etwas aufpoliert wird. So zumindest die Theorie.

Ein anderer Blickwinkel eröffnet eine etwas weniger pessimistische Sicht auf das Wesen der Menschen. So gut wie jeder von uns ist ja mit einem Smartphone ausgestattet und auch gleichzeitig an die sozialen Netzwerke angeschlossen. Warum macht der Mensch also überall Selfies von sich und lädt sie hoch? Na weil er’s halt kann. Es war nie so einfach wie heute seinen Freunden und Bekannten Grüße aus dem Urlaub zu schicken. Postkarten wurden ja auch nur verschickt, eben weil es sie gab und weil die Post sie transportiert hat. Und dass man bei den Urlaubsgrüßen auf das Mittel des Selfies zurückgreift, hat vor allem einen Grund: Heute sind Bilder von Sehenswürdigkeiten an Urlaubsorten ganz leicht zu finden. Ein mal schnell gegoogelt und schon kann man sich was Schönes aussuchen. Warum soll man seine Freunde also mit etwas völlig Gewöhnlichen grüßen? Ein Foto vom Urlauber selbst, der vor der Sehenswürdigkeit steht, ist allerdings nicht so einfach zu ergoogeln. Und persönlicher ist es auch noch.

Noch ein anderer Blickwinkel lässt sogar eine positive Bewertung von Selfies im Urlaub zu. Schon immer gab es eine Art Selbstinszenierung in Verbindung mit Urlaubserlebnissen. Ob man nun Postkarten verschickt oder nach dem Urlaub seine Freunde einlädt um einen Dia-Abend zu veranstalten: Alles Selbstinszenierung, wenn man so möchte. Wir haben uns also mit Instagram und Co. Nicht wirklich verändert, sondern nutzen einfach nur die uns gegebenen Möglichkeiten. Es ist einfach schön, seine Freunde an seinen eigenen Erfahrungen teilhaben zu lassen und ihnen zeigen zu können, wo man schon überall gewesen ist. Man kann den Urlaub damit gewissermaßen doppelt verwerten: Als Genuss für einen selbst und als Dokumentation für seine Freunde. Man könnte es auch als eine Art Motivation oder Inspiration für seine Freunde interpretieren, selber die große weite Welt zu erkunden.

Die Wahrheit liegt wahrscheinlich irgendwo zwischen diesen drei Blickwinkeln. Wie immer gilt: Pauschalisieren is‘ nich! Wahrscheinlich ist es bei vielen von uns eine Mischung der unterschiedlichen Beweggründe, Urlaubs-Selfies von uns in den sozialen Medien online zu stellen. Es gibt sicher aber auch Leute, die nur motivieren und inspirieren wollen. Dann gibt es aber auch andere, die sind so von sich selbst überzeugt, dass sie deswegen so energisch Urlaubs-Selfies posten. Und dann gibt es noch die Forscher, die weltweit Selfie-freie Zonen fordern, aber das ist ein anderes Thema.

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