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Frühstückslektüre | Petitionen-Hürdenlauf

Verfasst von Julian Hess am

Wer kennt es nicht: Online erreichen uns regelmäßig Aufforderungen ein paar Sekunden unseres Lebens zu opfern, um für den guten Zweck bei einer Petition zu unterschreiben. Doch kommen die selbst mit genügend Stimmen überhaupt irgendwann an der richtigen Stelle an? Wir sind den Weg einer Petition einmal nachgegangen und haben rausgefunden, ob diese ganzen Petitions-Portale überhaupt was bringen.

(CC-0) Free-Photos / pixabay.com

Wir haben oft das Gefühl, dass wir den Machenschaften unserer Bundes- oder Kommunalregierung schutzlos ausgeliefert sind. „Das könnte man aber besser machen!“ oder „Das geht ja mal gar nicht!“ sind Gedanken, die dem ein oder anderen von uns schon mal durch den Kopf gegangen sind. Im letzten Jahr sind genau 11.507 Petitionen beim Bundestag eingereicht wurden. Und da sind die Petitionen, die sich an Landes- oder Kommunalregierungen richten noch nicht mitgezählt. Ganz schön viele also. Doch wie wahrscheinlich ist es bei dieser Flut von Anliegen, dass ein Vorschlag aus einer Petition es tatsächlich bis zu denen “da oben” schafft? Und welche Hürden müssen dafür genommen werden? Wir haben uns das mal angesehen. Spoiler-Alarm: Hoher Informationsgehalt.

Hä, Petitionen?

Grundsätzlich darf jeder Mensch eine Petition entwerfen und einreichen. Das ist so im Artikel 17 des Grundgesetzes festgelegt und ein wichtiges Element unserer Demokratie. Dafür muss man noch nicht einmal volljährig sein oder die deutsche Staatsangehörigkeit haben. Jede eingereichte Petition wird vom Petitionsausschuss des Bundestages bearbeitet und geprüft. Der setzt sich momentan aus insgesamt 28 Mitgliedern zusammen, die alle in den Bundestag gewählten Parteien repräsentieren. Seit 2005 muss man auch nicht mehr mit Stift und Zettel durch die Nachbarschaft laufen um Unterstützer*innen und sogenannte Mitzeichner zu finden, sondern hat die Möglichkeit auch online Petitionen zu entwerfen, Unterstützer*innen zu finden und einzureichen. Der Bundestag hat dafür unter epetitionen.bundestag.de extra ein Portal eingerichtet, das das Ganze einfacher machen soll. Dabei kann man auch entscheiden, ob die Petition veröffentlicht werden soll, um Unterstützer*innen zu finden oder ob man sie ohne Veröffentlichung und Unterstützer*innen einreichen will. Denn, was viele nicht wissen: Jede Petition, unabhängig von der Zahl der Mitzeichner wird ernst genommen und parlamentarisch geprüft, das sagt zumindest der Bundestag selbst.


Petitionen-Hürdenlauf

Man vermutet es bereits: Dieser Weg, er wird kein leichter sein. Und so kann man schon von einem Hürdenlauf sprechen, zu dem eine Petition antreten muss. Also auf die Plätze, fertig, los!

Die erste Hürde ist die Prüfung, ob die Petition überhaupt vom Bundestag bearbeitet werden kann und alle Formalia erfüllt. Dabei spielt es eine Rolle, ob sie schriftlich bzw. online eingereicht wurde und einen Absender hat. Außerdem darf sie nicht zu Straftaten aufrufen oder völlig aussichtslos sein. Wer jetzt denkt, durch eine Petition Ostern auf Weihnachten legen zu können oder Fifa als neues Schulfach zu etablieren, den muss ich leider enttäuschen. Der Inhalt einer Petition ist sogar wichtiger als die Anzahl der Unterstützer*innen.

Erfüllt die Petition diese Bedingungen, bittet der Petitionsausschuss als Erstes das zuständige Ministerium um eine Stellungnahme zu dem Thema.

Die Petition mit der zugehörigen Stellungnahme wird dann erst mal von zwei Mitgliedern des Petitionsausschusses, bearbeitet. Die Beiden unterziehen die Petition einer „Vorprüfung“.  Dabei informieren sie sich tiefergehend über das Thema, und bereiten die Besprechung für den gesamten Ausschuss vor.

Zu der dann folgenden Sitzung des Ausschusses kann man sogar als Petent persönlich eingeladen werden und darf öffentlich mitdiskutieren! Dafür muss man aber in vier Wochen mindestens 50.000 Unterschriften gesammelt haben. Wer das nicht erfüllt, darf auch nicht selber im Ausschuss mitreden. Am Ende gibt der Petitionsausschuss eine Empfehlung an den Bundestag ab, ob er weiter darüber beraten sollte. An dieser Stelle erhalten dann auch knapp die Hälfte aller Petitionen den Stempel “abgelehnt”.

Die andere Hälfte wird mit unterschiedlichen “Labels” versehen, bevor sie dann an die Regierung gegeben oder „überwiesen“ werden.

Eine einfache Überweisung erfordert gar keine Reaktion der Regierung. Überweisung “als Material” bedeutet: “Schmeißt es nicht gleich weg, aber guckt es euch vielleicht irgendwann mal an.” Überweisung “zur Erwägung” bedeutet, der Bundestag ist der Meinung, das Anliegen sollte ernsthaft geprüft werden. Überweisung “zur Berücksichtigung” bedeutet, der Bundestag hält eine Umsetzung der Petition für unbedingt nötig. Für die beiden letzten Label hat die Regierung je sechs Wochen Zeit, um Stellung zu der Petition zu beziehen.

Die meisten Chancen auf Erfolg gibt es also, wenn eure Petition vom Ausschuss an die Regierung mit dem Stempel “zur Berücksichtigung” weitergereicht wird. Setzt die Regierung den Vorschlag der Petition dann aber trotzdem nicht um, muss die das genau begründen. Eine Pflicht, die Petition umzusetzen, gibt es aber nicht.


Was bringen diese anderen Portale?

Es gibt auch noch weitere Seiten im Internet, auf denen man Unterschriften sammeln kann, wie zum Beispiel www.openpetition.de oder www.change.org. Auch Petitionen, die über eines dieser Portale entworfen wurden, können beim Petitionsausschuss zur Prüfung eingereicht werden. Allerdings gibt es einen kleinen, aber feinen Unterschied. Bei einer Petition, die über epetitionen.bundestag.de erstellt und eingereicht wird, kann man als Urheber eingeladen werden und hat die Möglichkeit sein Anliegen persönlich mit den Mitgliedern des Petitionsausschusses öffentlich zu diskutieren. Der Petitionsausschuss nimmt allerdings Unterschriften, die über alternative Portale gesammelt wurden nicht entgegen. Also hat man bei der Benutzung eines dieser Portale eben nicht die Möglichkeit persönlich eingeladen zu werden.

Das heißt aber nicht, dass eine solche Petition wirkungslos bleibt. Sie wird in jedem Fall vom Petitionsausschuss geprüft und kann auch ohne Einladung zu einer öffentlichen Diskussion für viel Aufmerksamkeit sorgen. Denn solche Portale haben ein paar Funktionen, die es einem zum Beispiel einfacher machen brandaktuelle Themen anzusprechen oder die Petitionen online zu verbreiten und somit Unterstützer*innen zu gewinnen. Das offizielle Portal des Bundestages ist ein wenig schwerfälliger. Es dauert bis zu drei Wochen, bis die erste formelle Hürde des Petitionen-Hürdenlaufs genommen ist und sie öffentlich verbreitet werden kann. Andere Portale sind da deutlich flexibler, haben aber das angesprochene kleine Manko. Insgesamt lässt sich mit jeder Art von öffentlicher Petition aber Aufmerksamkeit für ein Thema schaffen. Denn wenn viele Leute unterschreiben, kann oftmals auch schon ein mögliches Ziel einer Petition erreicht werden, nämlich: Aufmerksamkeit für ein Thema schaffen und den öffentlichen Druck erhöhen.


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