Leitung: Niklas Zahner

magazin@koelncampus.com

Frühstückslektüre | Und was nimmst du? Pt. 1

Verfasst von Lea Rosa Nima Oreyzi am

Gedämpfte Beats, auf dem Floor sieht man fast nichts. Wie leere Hüllen wippen Menschenmassen in Trance von links nach rechts.

Wer sind diese Leute, was machen sie, und vor allem; was nehmen sie?

(CC-0) stevepb / pixabay.com


Drogen sind bis heute ein großes Tabu-Thema, wenn davon geredet wird, dann meist nur im Kontext des obdachlosen Heroinjunkies, der sich in einem der KVB Aufzüge eine Schuss setzt. Aber zwischen diesem Stereotyp von Drogenabhängigen und einem 9 to 5 Jobber mit Obdach und einer glücklichen Familie ist eine große Grauzone, die medial kaum behandelt wird.

Als Kölner Student ist es bei gelegentlichem Beiwohnen des Nachtlebens wohl unvermeidlich, Menschen zu begegnen, deren Augen schwarz glänzen, deren Nase weiß im Scheinwerferlicht glitzert oder deren Gesichtszüge sich verkrampfen.

Was die meisten nicht kennen, sind ihre Geschichten. Ich habe mich mit drei Menschen aus dieser Grauzone getroffen und sie nach ihren Erfahrungen mit Drogen gefragt.


Als ich mich mit meiner guten Freundin V*(21) treffe, ist es schon Abend. Sie kommt zu spät, wie immer. Aber wenn sie dann da ist, strahlt sie aus jeder Faser ihres Körpers, ein wahrer Sonnenschein. “Ich bin total verliebt, (lacht) bin auf der höchster Wolke unterwegs”, ist ihre Antwort, als ich sie frage, wie es ihr geht. Während sie mit ihren kurzen dunkeln Locken spielt erzählt sie mir, dass sie jetzt frisch in einer Beziehung ist. Sie ist froh, meint sie, jetzt ein bisschen runter zu kommen und Zeit mit ihrem Partner zu verbringen, anstatt sich in Bars und Clubs die Tage und Nächte zu vertreiben. Auch sehr froh ist sie, nicht mehr regelmäßig zu konsumieren. Sie erklärt, dass sie trotzdem, wenn man ihr was anbietet, auch noch hin und wieder etwas nimmt.


Partys und Nachtleben faszinieren sie total. Allerdings herrscht dort ein gewisser Druck, wie sie berichtet. Dieser Druck bestehe darin, immer gut gelaunt zu sein. Für sie ist das der Hauptgrund für ihren Konsum. Sie kann sich gar nicht mehr vorstellen, nüchtern, und damit meint sie ohne chemische Drogen, feiern zu gehen.


V’s Lieblingsdroge ist Speed, auch als Amphetamin oder Pep bekannt. Die Droge macht einen wach und gibt einem das Gefühl, konzentrierter und leistungsfähiger zu sein. Das ist natürlich mit vielen Risiken verbunden.

Am Akutesten besteht das Risiko der Ausbeutung der eigenen Energiereserven. So kann es zu Herzinfarkten und Schlaganfällen kommen. Diese Gefahren bestehen auch schon bei einmaligem Konsum. Zudem besteht eine hohe Suchtgefahr. Der Entzug von Speed kann psychisch sehr belastend sein.


Das erste mal Speed genommen hat V mit 16. Das war aber nicht ihr ersten Kontakt mit chemischen Drogen: "Ich hatte vorher mal Ecstasy probiert durch einen Heroinabhängigen, in den ich total verliebt war.” Sie lacht beschämt und beschreibt mir ihre Neugierde und wie aufregend es für sie war, das erste mal mit einer Karte sogenannte Lines auf ihrem Handydisplay zu legen.

Sehr schnell hat sie gemerkt, dass Speed ihr als Droge am meisten zusagt. Damit kann sie ihren Produktivitätsdrang befriedigen, weswegen sie es immer häufiger nahm. “Du kannst alles machen! So viel Energie…”, erklärt sie.


“Müdigkeit wird zu deinem Feind. Ich brauche dann irgendwas um dagegen anzukämpfen. Und das war bei mir schon immer so. Ob es dann Mate ist, oder Kaffee oder eben Speed. Und damit kämpft man permanent gegen seinen eignen Körper. Man ist super müde und geht dann nicht nacht hause sondern nimmt etwas um wach zu bleiben. Es muss sich ja auch lohnen!”


Sie schildert, wie ihr langsam bewusst geworden ist, wie sehr sie ihren Körper damit belastet: Durch die Beobachtung anderer Konsumenten ist ihr aufgefallen, wie wenig diese auf ihren Körper achten. Erst später ist ihr dann bewusst geworden, dass sie zu diesen Konsumenten gehört. Sie beschreibt, wie die Droge ihren Körper kontrolliert hat:


“Die Angst vor dem nächsten Tag: Man kann in der Regel nicht schlafen, ich konnte das nie! Oft macht man dann am nächsten Tag weiter. Ohne gehts nicht.”, sagt sie und meint die Drogen, “und dann ist wieder der nächste Tag und du bist wieder wach. Am allerschlimmsten war dieses verballert sein, so raus zu sein, zu merken, mein kopf funktioniert nicht mehr.” Dann strahlt sie wieder: “Ich bin so froh, jetzt in der Retrospektive darüber reden zu können.”


Es gab mehrere kritische Phasen in V’s Leben, die durch den Konsum rückblickend nur schwieriger geworden sind und viel mit Schuldgefühlen verbunden waren, auch gegenüber ihren Eltern und engeren Freunden. So froh wie sie auch ist, im Moment ihren Konsum stark eingeschränkt zu haben, hat sie doch nicht vor es so ganz sein zu lassen:


“Ich hab schon nochmal Lust eine Nacht durchzumachen.. aber, ich weiß ja eigentlich; ich sollte nicht wieder Pep ziehen. Ich halte mich auch bewusst davon fern und suche nach Kompromissen. Mir geht es vor allem ums ziehen, das macht mir am aller meisten Spaß. Um dann eine Ersatz zu haben, hab ich mir öfter Koks gekauft, auch wenn ich die Wirkung nicht so mag und Speed viel besser finde. Ich kann mir vorstellen, wird zwar jetzt erstmal nicht passieren, aber wenn ich dann mal feiern gehe, würde ich wahrscheinlich am ehesten Koks ziehen. Oder in ganz besonderen fällen dann mal Ecstasy. Aber Pep auf jeden Fall nicht, dann nehm ich lieber Koffein-Tabletten, wovon ich übrigens auch mal abhängig war. Wie gesagt: Koffein ist mein Ding!”

Immernoch grinsend trinkt sie den letzten Schluck Weißwein aus und wir verabschieden uns.







*Die Interviewpartner sind zum Schutz ihrer Identität anonymisiert.

Frühstückslektüre

Zurück zur Übersicht

Sag's weiter: