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Frühstückslektüre | Sprache und wie sie unser Denken formt

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Jeder Mensch besitzt die Fähigkeit sich mittels Sprache über komplexe Themen zu unterhalten. Bei mehr als 7000 Sprachen und den damit einhergehenden Eigenarten, stellt sich die Frage inwiefern unsere jeweiligen Sprachen unser Denken beeinflussen. 


Stellt euch vor, wie ihr in einem Café sitzt und auf eure Verabredung wartet. Die Minuten ziehen an euch vorbei und immer wieder guckt ihr erwartungsvoll auf euer Handy oder richtet den Blick auf die Tür und hofft, dass das Warten bald ein Ende haben wird. Während wir im Deutschen für diese Situationsbeschreibung, und der damit einhergehenden Emotion, mehrere Zeilen benötigen, reicht den Inuit ein einziges Wort;Iktsuarpok. Vielleicht sitzt ihr auch in der Bahn, starrt einfach vor euch hin und seid in euren eigenen Gedanken versunken; dies würden man auf Japanisch als Boketto bezeichnen.


Dies sind nur zwei der zahlreichen Beispiele, die uns immer wieder vor Augen führen, wie unterschiedlich Sprachen sind, sich unsere menschlichen Erfahrungen aber im Endeffekt doch ähneln. Jeder von uns weiß genau, wie sich diese beschriebenen Situationen anfühlen, aber nur die wenigsten unter uns könnten sie mit einem einzigen Wort zusammenfassen. Doch obschon jede Sprache ihre ganz besonderen Eigenarten hat und eine Vielzahl an Wissenschaftlern bereits darüber diskutiert hat, ob unsere Sprache einen Einfluss auf unsere Welt- und Selbstwahrnehmung hat, scheint man die Hypothese von Sapir und Whorf immer mehr ad acta zu legen.


Die beiden Linguisten behaupteten bereits 1929, dass unsere Wahrnehmung und unsere Realität stark an unsere sprachlichen Kompetenzen gebunden sind. Bedient man sich dem Meisterwerk von George Orwell, 1984, würde dies bedeuten, dass durch die Einführung von New Speak, die Möglichkeit verloren gehen würde über komplexere Konzepte nachzudenken. Da New Speak nicht über solche Worte wie Freiheit oder Liebe verfügt, wäre es den Menschen im Umkehrschluss nicht möglich, sich zu diesen Konzepten Gedanken zu machen. Das autoritäre Regime könnte somit seine Untertanen versklaven und diese hätten nicht einmal die Möglichkeit über ihren Wunsch nach Freiheit nachzudenken. Jedoch haben wir vorhin bereits festgestellt, dass unsere Emotionen und Gedanken nicht an Worte gekoppelt sind, sondern dass diese uns nur helfen sie besser zu verstehen oder einander zu vermitteln.


Nichtsdestotrotz sollte man den Einfluss von Sprache auf unsere Wahrnehmung nicht unterschätzen, auch wenn diese vielleicht nicht so drastisch ist, wie zu erst angenommen. Es ist zum Glück nicht möglich, uns Menschen durch eine Reduktion an Vokabular in unserem Denken einzuschränken; doch die Sprache in der wir kommunizieren beeinflusst uns auf eine subtilere Art und Weise. Wissenschaftler haben in neueren Studien herausgefunden, dass das grammatische Genus eine Wirkung darauf hat, welche Eigenschaften wir Objekten zuschreiben. Bittet man beispielsweise deutsche Probanden eine Brücke zu beschreiben, so nutzen diese eine Vielzahl von traditionell weiblichen Adjektiven. Gibt man spanischen Probanden die selbe Aufgabe, benutzen diese tendenziell mehr traditional männliche Adjektive, da das grammatische Genus für Brücke im Spanischen, im Gegensatz zum Deutschen, männlich ist.


Es bleibt weiterhin spannend den Diskurs zu verfolgen und sich darüber bewusst zu werden, dass man seiner Muttersprache vielleicht nicht komplett ausgeliefert ist, sich aber von ihren Nuancen und Feinheiten unbewusst beeinflussen lässt.

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