Leitung: Niklas Zahner

magazin@koelncampus.com

Re:Wind | Die Geburt der schmelzenden Uhren.

Verfasst von am

Der 11. Mai 1904 ist für viele im ersten Moment wahrscheinlich nichtssagend. Hört man jedoch den Namen Salvador Dalí können viele sich sofort ein Bild machen: der Künstler mit dem durchdringenden Blick, der vor Intelligenz und Wahnsinn nur zu strotzen scheint. Sein Erkennungsmerkmal ist sein kurioser Bart, der an Schnurrhaare einer Katze erinnert. An jenem Tag wurde Dalí in Katalonien geboren. Und ich möchte seine Person deshalb kurz wie in einer Art Stillleben festhalten, um diesem außergewöhnlichen Künstler des 20. Jahrhunderts einen Moment zu widmen.

Salvador Felipe Jacinto Dalí i Domènech

war ein spanischer Maler, Grafiker, Schriftsteller, Bildhauer und Bühnenbildner. Nach 1982 war er auch als Marqués de Púbol bekannt. Seine Kunst widmet sich Themen des Traumes, des Rausches, des Fiebers und der Religion: die Welt des Unbewussten. Neben der surrealen Fantasie findet sein technisches Können ebenso seinen Platz. Die Ausführung ist präzise, fast Fotorealistisch und macht das Dargestellte umso real-unrealer und ihn zu einem wirklichen Ausnahmekünstler. Sein bekanntestes Werk „La persistencia de la memoria“(dt.: Die Beständigkeit der Erinnerung), welches auch das Titelbild ist, wird bis heute in den Schulen interpretiert und gelehrt.

Tabubrecher und Exzentrisch

Die Vorwürfe schon zur damaligen Zeit sind schwerwiegend. Von Anschuldigungen er sei rassistisch bis anti-human ist fast alles dabei. Tabubrüche, wie die Äußerung er sei ein zwanghafter Masturbator und seine Begeisterung für die Kunst stehe mit seiner Sexualität eng in Verbindung, lassen seine Person oft anecken. Gerade auch seine Sympathie für den spanischen Diktator Francisco Franco wurde nicht von allen gut aufgefasst. Sein Leben gleicht einer Achterbahn und seine Reaktion scheint unsagbare Gelassenheit zu sein. So signiert er zum Beispiel spöttische Bilder über seine Person des Künstlers Breton kurzerhand.

Wieso aber, trotz all der Kritik an seiner Person, ist seine Kunst bis heute so beeindruckend? Wieso kann seine Art zu Malen sogar Kunstmuffel wie mich mitreißen und mein Interesse für Kunst wecken? Und wieso sollte man sich mit ihm überhaupt beschäftigen?

Die Faszination Salvador Dalí.

_________________________________________________________
Genau zu diesem Zweck bat ich Daniela Sistermanns zu einem Kurzinterview in schriftlicher Form. Sie studierte Kunstgeschichte, Ur- und Frühgeschichte sowie Ägyptologie an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster und leitet derzeit die Abteilung Öffentlichkeitsarbeit im Marta Herford, Museum für Kunst, Architektur und Design. Bereits seit Jahren ist sie fasziniert von der Künstlerpersönlichkeit Salvador Dalí.
_________________________________________________________

Was fasziniert Dich an Salvador Dalís Person und was an seiner Kunst?

Dali sagt einmal in seiner Autobiographie „Das geheime Leben des Salvador Dalí“, dass er im Alter von sechs Jahren Köchin werden wollte, mit sieben dann Napoleon und dass danach sein Ehrgeiz stetig wuchs. Er war sicherlich einer der schillerndsten und exzentrischsten Künstlerpersönlichkeiten des 20. Jahrhunderts, der sich immer wieder mit der Welt des Traumes, der menschlichen Psyche oder Religion beschäftigte. Seine Werke lassen sich auf den ersten Blick nicht immer dechiffrieren und ich glaube, das hat mich jeher fasziniert. 

Dalís Person gilt als exzentrisch und er soll eine große Sympathie für den spanischen Diktator Francisco Franco gehabt haben- inwiefern ist dies in seiner Kunst wiederzufinden und ist seine Kunst und er als Person deshalb kritisch zu betrachten?

Kunst sollte in den meisten Fällen kritisch betrachtet werden. Bis heute ist aber nicht ganz sicher, wie Dalis augenscheinliche Sympathie für das Franco-Regime zu werten ist. Diese Annahme beruht vor allem auf seine positiven, fast schon überschwänglichen Meinungsäußerungen gegenüber dem Diktator. Die Experten sehen das eher als einen taktischen Schachzug des Künstlers, der so weiterhin seine künstlerischen Freiheiten genießen konnte, ohne das Land zu verlassen. Man kann dies also durchaus als eine Art von Opportunismus werten. 

Welche Werke von Salvador Dalí sind deiner Meinung nach die Werke, die den Surrealismus stark beeinflusst haben und weshalb hat seine Kunst einen so großen Mehrwehrt für uns bzw. hat sie einen Mehrwert für uns?

Ich glaube, jeder Mensch denkt bei Salvador Dali sofort an zerfließende Uhren, brennende Giraffen und Elefanten mit langgezogenen Beinen.

Aber neben der Malerei spielte auch das Medium Film eine wichtige Rolle. Mit dem Film „Un chien andalou“ (1929) erzielte Dali gemeinsam mit Luis Buñuel einen seiner frühen Erfolge. Das Werk gilt heute noch als Meisterwerk des surrealistischen Films und das es das Genre nachhaltig beeinflusste. Auch wenn Salvador Dali sich in seinem Spätwerk den Vorwurf gefallen lassen muss, dass er sich selbst ständig kopierte, war er neben anderen Surrealisten wie Hans Arp, Max Ernst, André Breton und René Magritte einer der Wegweiser für die Strömung des Surrealismus. Genauso wie andere Surrealisten stellte sich Dali mit seinen Werken nach den Schreckensjahren des Ersten Weltkrieges gegen die gesellschaftlichen Normen. Die Hoffnung lag darin, dass durch die Abkehr von der Realität und die Hinwendung zu einer anderen Ebene auch eine neue Weltanschauung entsteht. Und genau das kann Kunst und sollte Kunst sein: durchaus gesellschaftskritisch, unbequeme Fragen stellen und zu Fragen anregen! Das ist ein wichtiger Mehrwert der Kunst im Allgemeinen

Was würdest du jemanden sagen, der mit Kunst nicht viel anfangen kann, wieso Dalí und insbesondere seine Kunst einen Blick wert sind?

Dalis Werke sind ja mittlerweile ein wenig als Wartezimmer-Ästhetik verschrien - eigentlich schade. Ich denke, dass die Kunst Dalis oder die vieler anderer Surrealisten eine unbequeme Kunst sein kann und weil sie sich die Themen oft um Paranoia, Absurditäten, Traumwelten und der menschlichen Psyche kreisen, erschwert es den Zugang. Die Werke sind zu einer Zeit entstanden als man versuchte, mit den Regeln der Gesellschaft zu brechen, sich zu befreien und die zu der Zeit entstandenen Filme, Kunstwerke und Schriften haben einen Einfluss auf die gesellschaftliche Entwicklung genommen. Die Beschäftigung mit Dalis Werk bedeutet also auch ein Stück weit, sich mit diesen Themen auseinanderzusetzen. Dabei kann man sich herrlich in seinen fantasieträchtigen Welten verlieren und - da Kunst immer subjektiv ist- seine eigenen Schlüsse für die verschiedenen Bedeutungsebenen finden.
_____________________________________________________________

 

Also ich für meinen Teil ziehe den Schluss, dass trotz aller Kritik eine Auseinandersetzung mit Dalí und seinen Werken unglaublich interessant ist. Und auch wenn er meiner Meinung nach zurecht als einer der begnadetsten Künstler des 20. Jahrhunderts bezeichnet wird, ist es wichtig auch die Person zu betrachten und deren Intention und Verhalten zu hinterfragen.


Schön anzusehen sind seine Bilder auf jeden Fall, deshalb gilt für mich:

Den 11.05.1904 werde ich so schnell wohl nicht mehr vergessen- danke für diese beeindruckende Kunst, Salvador Dalí!

Zurück zur Übersicht

Sag's weiter: