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Frühstückslektüre | Tätowierungen- Kunst oder kann das weg?

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Die Tätowierung.

Sie ist eine der ältesten Kunstformen der Welt. Nicht nur in Deutschland boomt das Geschäft der Farbe unter der Haut. Die einen mögen sie, die anderen nicht, manche lieben sie. Die Chinesische Regierung scheint eher ein Gegner der angesagten Körperkunst: Sie will die Zensur von Tattoos in den Medien und im TV.

So müssen zum Beispiel Tätowierungen bei Fußballern oder Bands unsichtbar werden. Dabei gehe es wohl um die Vermittlung von Tradition und Werten von Regierungsseite. Ein offizielles Statement gibt es bisher ebenso wenig wie eine Gesetzesregelung. Jedoch berichteten chinesische Medien von "Kritik seitens der Regierung". So wurde wohl geäußert, dass (tätowierte) "Fußballprofis vielleicht gut Fußball spielen können, aber man diese Heinis mit deren Tätowierungen nicht mehr sehen könne" (Quelle: Deutschlandfunk Nova). Beim Fußballländerspiel am 22.März in Wales jedenfalls waren bereits die Tätowierungen der chinesischen Fußballspieler abgeklebt.

Eine Wirklichkeit ohne Tattoos inmitten einer Wirklichkeit mit Tattoos.

Der Plan der chinesischen Regierung „chinesische Werte“ mehr in den Vordergrund und „westliche Werte“ in den Hintergrund zu stellen könnte ein Grund für diese Maßnahme sein, so Deutschlandfunk-Nova-Korrespondent Steffen Wurzel. Er fügt außerdem hinzu, dass die chinesische Staats- und Parteiführung der Meinung sei, Tattoos könnten weder die richtigen chinesischen Werte, noch die richtigen Traditionen vermitteln.


Mir ist nicht wirklich klar, wieso Tattoos einen so großen Stellenwert haben sollten, aber eine Realität schaffen wollen, die es so gar nicht gibt? Denn Steffen Wurzel, der in Shanghai lebt, erklärt subjektiv, dass es mehr Tätowierte gäbe als in Deutschland.

Liegt das Problem dann nicht vielmehr an den Verknüpfungen, die mit Tätowierungen einhergehen, statt an Tätowierungen selbst? Als Beispiel Kriminalität:

"Nach chinesischer traditioneller Vorstellung war nur derjenige, der ins Exil ging, tätowiert. Im Ausland lassen sich nur Schauspieler, Sportler, Verbrecher und Hippies ein Tattoo stechen. Die echte Elite lässt sich nicht tätowieren.纹身在中国传统中发配充军的那些人才纹的,就算是国外,也就是演员,运动员,罪犯,嬉皮士纹身。。。真正的精英是不会做这种事情的." (https://www.stimmen-aus-china.de/2016/11/22/tattoos-in-china-von-toleranz-und-vorurteilen/)

schreibt ein User im Internet. Demnach scheint das Bild der Träger von Tätowierungen negativ zu sein. Doch es gibt auch sehr positive Resonanz. "Tätowierungen sind mit die älteste Kunstform der Welt. Aber nicht nur das, sie dienen auch als Andenken, zur Anregung und zur Ermunterung. Alle Erzählungen über Tätowierungen sind respektvoll. Auf meinen Armen sind überall Tattoos zu sehen, dies behindert mich nicht daran, in einer der besten Internetfirmen Chinas zu arbeiten." antwortet ein anderer User.

Aus eigener Erfahrung kann ich negative Reaktionen definitiv bestätigen. Gerade in der Berufswelt scheint es ein hohes Risiko zu sein, sich an offensichtlichen Stellen tätowieren zu lassen. Also am besten vorher immer mit den Führungskräften abklären, oder selbstständig machen. 

Die Tradition "Tätowierung".

Mich beschäftigt die Traditionsfrage/Elitefrage sehr. Sind Tattoos „westlich“? Woher kommen Tätowierungen eigentlich und gab es diese wirklich nur bei Personen wie "Schauspielern, Verbrechern und Hippies"?

Kurz zusammengefasst konnte ich das herausfinden:

„Über 50 Tätowierungen weist der 5300 Jahre alte Körper des
Steinzeitmenschen Ötzi auf. Zu den Tätowierungen auf diesem ältesten erhaltenen Körper der Welt zählen parallel verlaufende Linien an der unteren Wirbelsäule, Streifen am rechten Fußknöchel und ein Kreuz-Motiv an der Innenseite des rechten Knies. […]Ob "Klassiker" wie Anker, Herz und Adler, abstrakte Muster oder individuelle Bilder – Tätowierstile gibt es viele. Einer der wichtigsten Stile der Welt stammt aus Japan. Auch hier gab es erste frühzeitliche Stammestätowierungen, die mit der Orientierung an der chinesischen Hochkultur als primitiv verworfen wurden.“

Die chinesische Hochkultur sah demnach einen Stil, der als wichtigster Stil des Tätowierens bezeichnet werden kann, als primitiv an und verwarf diesen- könnte auch bis heute ein Grund für Ablehnung seitens mancher Chinesen sein.
Doch bis heute gilt für Völker wie z.B. der Maori die Kunst des Tätowierens als Tradition.

(CC BY 2.0) RaviGogna / flickr.com

Schönheit liegt im Auge des Betrachters

Ich für meinen Teil bin große Bodymodification- und Tattooliebhaberin, zwinge die Menschen um mich herum aber nicht dazu mir zuzustimmen. Dieser Umkehrschluss zeigt, wie absurd es ist seine eigenen Schönheitsideale als generelle Ideale festlegen zu wollen. Denn es erzeugt Ablehnung.

Tätowierungen verschwinden durch Zensur nur augenscheinlich, in den Köpfen aber nicht. Kennst du nicht auch diesen Moment, wenn das Papier fehlt, ob zum Notieren oder Malen, die Hand oder den Arm zu nehmen? Unsere Haut scheint dann völlig selbstverständlich eine gute Alternative zu sein. Das Prinzip „was man nicht sieht, ist nicht da“ könnte deshalb nicht gut funktioniert. Außerdem, wie wir im Abschnitt „Tradition Tätowierung“  gesehen haben, scheinen Tätowierungen durchaus ein Bestandteil der Kreativität und Kunst des Menschen zu sein und das schon seit sehr langer Zeit.
 

Werte gehen über Äußerlichkeiten hinaus.

Meiner Meinung nach gehen (chinesische) Werte über Äußerlichkeiten hinaus und Haut bleibt Haut. Ob bunt, schwarz-weiß oder ohne Tätowierung- wichtig ist, wofür Menschen stehen. Und in diesem Fall sind gute Sportler, einfach gute Sportler. Deren sportlichen Erfolge oder Misserfolge können nicht an ihren Tätowierungen bewertet werden, da sie ihre Leistung nicht beeinflussen. Oder anders gesagt: Tattoos sagen nichts über das Können oder die Fähigkeit eines Menschen aus. 

Tätowierungen sind Malerei mit einem Körper als Leinwand.

Ich habe für mich entschieden, dass es mit Tätowierungen ähnlich ist wie mit der Malerei: Gerade weil sie so eine Kontroverse auslösen und in ihrer Vielfältigkeit (Tradition, Old School, Newschool, Polka, Naturalistisch) mit Malerei gleichgesetzt werden können, zählen sie für mich zur Kunst. Ob ein Bild auf einer Wand, einer Leinwand, einem Blatt Papier oder eben der Haut ist: die einzige Meinung die zählt, ist die des Künstlers und dem, der die Kunst auf der Haut trägt.

Der Tätowierer ist ja doch nicht anderes als ein Maler, mit Haut als Leinwand.

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