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Wahl in den Niederlanden: Ein klares Bekenntnis zu europäischen Werten?

Verfasst von Julian Schmidt-Farrent am

Die Oranjen haben gewählt. Geert Wilders befürchteter Erfolg blieb aus, die EU atmet auf. Doch die Wahl ist mehr eine Warnung als eine deutliche Trendwende, meint Kölncampus-Reporter Julian Schmidt-Farrent.

(CC BY 2.0) Andrés Caldera / flickr.com

Es ist eine Erleichterung. Geert Wilders offener Kampf gegen Establishment und Europa ist gestoppt, der Rechtspopulist konnte den befürchteten Wahlsieg nicht erringen. Stattdessen gehen vor allem Ministerpräsident Rutte und seine VVD, aber auch die pro-europäischen Grünen und die linksliberale D66 als Sieger der Wahl hervor. Die höchste Wahlbeteiligung seit über 30 Jahren zaubert ein Lächeln auf die Lippen jedes überzeugten Europäers. Von Politikverdrossenheit kann nun keiner mehr reden.

Und trotz dieser erfreulichen Umstände ist dieses Ergebnis kein gutes. Nach dem vergangenen Jahr ist das Aufatmen nachvollziehbar. Der Brexit hat Europa gespalten und bislang Unmögliches möglich gemacht. Ein Sieg der Populisten, die auch ohne den Hauch einer Chance an einer Regierungsbeteiligung die britische Politik vor sich hertreiben konnte. Auch ein cholerisch-twitternder US-Präsident und sein rassistischer Wahlkampf haben Europa verunsichert. Das Potenzial der Rechtspopulisten wurde unterschätzt.

Ist die Gefahr gebannt?


Trotzdem bedeutet das nicht im Umkehrschluss, dass ein verhinderter Wahlsieg Wilders automatisch eine Kehrtwende des rechten Trends bedeutet.

Dass eine Ein-Mann-Partei, die mit offenem Rassismus und Koran-Verboten wirbt, nicht als stärkste Fraktion in das niederländische Parlament einzieht, ist zutiefst erleichternd. Andererseits wirft es die Frage auf: Wie konnte es überhaupt dazu kommen?

Die Niederlande sind eines der Gründungsmitglieder der europäischen Gemeinschaft. Kaum ein anderes Land ist so abhängig vom Erhalt der EU, Maastricht gesellt sich in eine Reihe mit Brüssel, Straßburg und Lissabon. Und dennoch: Geert Wilders mischt die niederländische Politik seit nunmehr einem Jahrzehnt auf und beeinflusst die gesamte Parteienlandschaft. Auch dieser Wahlkampf war geprägt von seinen Lieblingsthemen Migration und Islam. Und Regierungschef Rutte stimmte in den rechten Ton mit ein. Wenngleich weniger extrem als Wilders, forderte er offen eine Assimilation von Minderheiten. “Verhaltet euch normal oder geht” war nur eine der Aussagen, die auch gut in das Repertoire eines AfD-Politikers hierzuande passen würden.


Der europäische Gedanke bleibt bedroht


Die Niederlande haben wie nahezu jedes europäische Land ein Problem mit Rassismus und Populismus. Es ist erschütternd, dass eine außenpolitische Krise mit der Türkei einen glücklichen Wink des Schicksals darstellt, bei dem sich Rutte den stark unentschlossenen Niederländern staatsmännisch präsentieren konnte. Ähnlich wie bei der österreichischen Präsidentschaftswahl ist der Sieg über die Rechtspopulisten zwar mehr als begrüßenswert, dennoch bleiben sie ein stetiges Problem.

Das Schlimmste wurde verhindert, aber die Wahl der Niederländer sollte nicht zum Ausruhen bewegen. Frankreich, neben Deutschland der “Motor” der europäischen Idee, geht auf eine Stichwahl zwischen der rechtsextremen Marine Le Pen und dem liberalen Emmanuel Macron zu. Wenn sich Wahlkämpfe in Europa zusehends in einen Kampf zwischen Demokraten und autoritären Rechten wandeln, ist ein besiegter Geert Wilders nur ein Wermutstropfen.

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