Wenn Studis fastenbrechen
Verfasst von Paula Schoeller am
Vom 28. Februar bis zum 30. März dieses Jahres ist Ramadan. Das ist der neunte Monat im islamischen Kalender und schließt die 30-tägige Fastenzeit im Islam ein. Im Ramadan wird von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang auf verschiedene alltägliche Dinge wie Essen und Trinken verzichtet. Dieses Fasten wird dann, bei Sonnenuntergang, bei der Ifta gebrochen.

19:56 Uhr; mit einem Blick in die vernebelte Küche zieht der Geruch von Paprika durch die WG. Julien, der mitte zwanzig Jährige Student steht vor dem Herd und bereitet die Ifta für sich, seine Mitbewohner*innen und Freund*innen vor. Seine Schwester schiebt den Kuchen in den Ofen und die anderen decken den Tisch. Selbstgemachter Hummus, Paprikasuppe, Falafel, Brot, Kartoffeln und Salat. Mit einem Schluck Wasser und einer Dattel bricht Julien sein Fasten.
Das Fastenbrechen mit Dattel und Schluck Wasser geht zurück auf den Propheten Muhammed. In der sunnitischen Auslegen vom Islam gilt dieser als „perfekter Mensch“ und Vorbild. Es sei aber keine Pflicht, sondern lediglich gerne gesehen. „Wichtig ist das Bewusstsein, dass kein Mensch perfekt sein kann und niemand frei von Sünde leben kann.”, erklärt Julien. Es gehe darum, um Reflexion und um Vergebung bitten.“
Vor 3 Jahren ist er zum Islam konvertiert und fastet seitdem jährlich. Beim Ramadan gehe es darum, spiritueller zu sein, also auf Dinge zu verzichten, die man häufig konsumiert oder als selbstverständlich ansieht.
Deswegen fastet Julien diesen Ramadan nicht nur auf Essen, Trinken und Intimitäten, sondern auch auf Musik, Social Media und Fluchen. Gerade in der Bahn oder auf dem Nachhauseweg nimmt er sich jetzt Zeit, um nachzudenken und sich nicht mit Musik abzulenken. Er geht mehr in die Moschee und nimmt sich regelmäßig Zeit für fünf Gebete am Tag. Genau wie die Ifta, sind auch die Gebete jeden Tag zu anderen Uhrzeiten. Das erste Gebet findet eine halbe Stunde nach der Sahur statt. Bei der Sahur steht Julien im Ramadan vor Sonnenaufgang auf, um noch einmal kurz etwas zu essen und zu trinken. Nach dem Gebet geht er dann wieder ins Bett. Seinen Schlafrhythmus verändert er ansonsten nicht während der Fastenzeit.
Das Aufstehen ist für Julien der schwerste Moment: „Wenn der Mund dann so trocken ist, beschäftige ich mich direkt mit was anderem, um mich abzulenken." In den Semesterferien läuft der Tag dann ganz normal ab, Haushalt, Hobbys und dann fängt auch schon fast die Vorbereitung für die Ifta an. Die verbringt Julien heute mit seiner Schwester, ihrem Freund und seinen Mitbewohner*innen. Wenn er während der Ifta auf der Arbeit ist, bricht Julien das Fasten meist nur mit Wasser und einer Dattel.
"Der erste Moment wo das Wasser den Hals runterläuft ist einfach Gänsehaut und ich bin einfach dankbar: wow ich hab die Möglichkeit das machen zu können"
Eines von Juliens Hobbys ist das Tanzen. Beim Training fällt das Fasten dann doch schwerer, wegen der Anstrengung über knapp drei Stunden Training. Aber dann helfe es ihm, sich daran zu erinnern, wieso er fastet. Das typische "oh sorry, dass ich jetzt vor dir trinke" ist aber trotzdem nicht nötig sagt Julien: “Denn ich brauch kein Mitleid von dir, weil ich mach’ das freiwillig und nicht weil mich jemand dazu zwingt" Interesse und Fragen zum Fasten oder dem geplanten Essen zur Ifta sind dagegen sehr gerne gesehen. Julien erzählt, dass er gerne über den Ramadan redet:, "drüber reden gibt das Gefühl, dass Nichtmuslime mit mir sind“."
Julien fastet aus religiösen Gründen, weil es Bestandteil des Islam ist. Dieses Mal kam der Ramadan für ihn genau zur richtigen Zeit:.„Vor dem Ramadan hatte ich eine ungesunde Zeit, wenn man das so sagen kann, das Fasten hat mich da rausgeholt und aufgefangen.”
Der Ramadan erinnere ihn daran, welche Privilegien er habe und dass er sich glücklich schätzen könne, jeden Tag Essen und Trinken zu haben. “Das ist nicht selbstverständlich, viele Muslim*innen können ihre Ifta nicht mit so Viel verbringen wie ich."
Aber auch hier müsse sich niemand schlecht fühlen, es gehe im Ramadan vielmehr darum, dankbar zu sein und das zu schätzen, was man hat.
Für die Uni würde sich Julien wünschen, dass Raum zum Fastenbrechen geschaffen wird. Damit auch während der Uni mit anderen Muslim*innen das Fasten gebrochen werden kann.