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Goat

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Ein Name, der mit Sicherheit den Großteil der Kinosäle gefüllt hat, ist James Franco. So bin ich also mit einer völlig falschen Erwartung ins Kino gegangen. In Andrew Neels Spielfilmdebüt steht Gewalt im Vordergrund, Gewalt von Männern gegen Männer.

Die Geschichte beginnt auf einer Party: Koks, laute Musik, Alkohol und 2 miteinander rummachende Mädchen, die die Aufmerksamkeit der umstehenden, pubertierenden Jungs auf sich ziehen. Daneben steht Brad, den die Situation einzuschüchtern scheint. In dieser Szenerie rechnet man damit, dass James Franco jeden Moment völlig besoffen aus einer Ecke kommt. Tut er aber nicht.

Unter dem Vorwand noch fahren zu müssen, lehnt Brad die Drogen ab und verlässt die Party. Als er ins Auto einsteigt, stehen da drei Typen, die ihn bitten, ihn ein Stück mitzunehmen. Der höfliche und unsicherere Brad ist natürlich sofort bereit dazu. Eine Entscheidung, die er sehr stark bereuen soll, denn die Jungs lotsen ihn auf eine abgelegene Landstraße, wo sie ihn nacheinander brutal verprügeln. Mit einem entstellten Gesicht und viel verlorenem Blut bleibt er zurück. Er versteht nicht, warum ihm das passiert ist. Was hat er diesen jungen Männern getan?

Hoffnung ist in Sicht, als Brad zur Uni geht. Hier, unter gleichgesinnten, anständigen, intellektuellen jungen Leuten, wird ihm so etwas bestimmt nicht noch einmal passieren.

Auf Empfehlung seines Bruders will er sich der Elite-Studentenverbindung „Phi Sigma Mu“ anschließen, denn der Schreck durch den Überfall sitzt immer noch tief und die Verbindung ist dafür bekannt, dass sie zusammenhält und sich gegen die Feinde Einzelner im Kollektiv verbündet.

Hier hat auch endlich James Franco seinen Auftritt: Der Anführer der Verbindung kommt zu einer Party, ext ein Bier, zieht sein Shirt aus, schreit rum, das war’s. Enttäuscht werden diejenigen gewesen sein, die nur für ihn ins Kino gegangen sind.

Um in die Gruppe aufgenommen zu werden, müssen sich die jungen Anwärter zuallererst einem Aufnahmeritual unterziehen, das seinerseits aus vielen kleineren Ritualen besteht. Sich ausziehen, sich gegenseitig schlagen, Unmengen Alkohol eingeflößt bekommen, sich komplett unterwerfen, gedemütigt werden. So sehen die ersten Tage der Anwärter aus. Brad ist also erneut in einem gewalttätigen Umfeld gelandet, dem er sich selbst ausgesetzt hat: Körperliche Attacken und psychische Schmerzen muss er erleiden, denn erst, wenn er sich den Respekt der Älteren verdient hat, darf er endlich selbst zu ihnen gehören und irgendwann auch selbst die Neuen „einarbeiten“.

Brads Bruder hadert mit sich und versucht seinem Bruder zu helfen, darf aber gleichzeitig keinen Unterschied machen zwischen ihm und den anderen, da sonst seine eigene Position bei „Phi Sigma Mu“ in Gefahr wäre.

„Goat“ heißt der Film deshalb, weil eine der Strafen, die den Jungs droht, wenn sie eine Aufgabe nicht befriedigend bestehen, darin besteht, eine Ziege zu „ficken“ (Zitat), vor den Augen der anderen. Als bedrohliches Symbol ist die Ziege bei den weiteren Aufgaben immer dabei.

Die Gewalt hört für Brad nicht auf. Aber es geht um mehr: Die Verzweiflung, in einer Zwickmühle zu stecken, die Auswegslosigkeit, Gruppenzwang, Macht und die wahre Bedeutung von Bruderschaft. Mich hat der Film bewegt und die Tatsache, dass solche Rituale auf wahren Begebenheiten beruhen, erschreckt.

Der Film hat es gar nicht nötig, mit einem großen Namen zu locken.

USA 2016

 

Regie:

Andrew Neel

 

Cast:

Ben Schnetzer

Nick Jonas

James Franco

Gus Halper

Danny Flaherty


Berlinale Berlinale 2016

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