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24 Wochen

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„24 Wochen“ ist der einzige deutsche Film im Wettbewerb. Die junge Regisseurin Anne Zohra Berrached. Sie ist zum zweiten Mal mit einem Film Berlinale: 2013 hat sie „Zwei Mütter“ in der Sektion Perspektive Deutsches Kino präsentiert.

Sarah Klee

Astrid (Julia Jentsch) arbeitet erfolgreich als Stand Up Comedian und steht somit in der Öffentlichkeit. Ihre Schwangerschaft kann sie natürlich nicht verbergen und thematisiert sie deshalb in ihrem Programm. Ihr Freund Markus (Bjarne Mädel) ist ihr Manager, stolz auf sie und unterstützt sie bei allen (beruflichen) Entscheidungen.

Das Paar und die kleine Tochter Nele freuen sich auf das neue Kind und sehen der Zukunft positiv entgegen. Dann erfahren sie, dass das Kind mit Trisomie 21 auf die Welt kommen wird, aber auch das sehen die beiden noch nicht als großes Problem und glauben, dass sie die mit der Behinderung einhergehenden Schwierigkeiten umgehen können. Schließlich halten die beiden fest zusammen. Astrids Mutter bietet sich als Unterstützung an und zieht auf Markus‘ Wunsch bei der Familie ein. Nur die Haushälterin hat ein Problem damit und kündigt. Leider färbt diese Haltung auch auf Nele ab.

Die drei besuchen ein Treffen, wo sie Menschen mit Down-Syndrom kennenlernen. Besonders liebevoll erkundigen sie sich nach dem kommenden Baby und diese Erfahrung beruhigt die werdenden Eltern ungemein.

Dann aber kommt bei einer Unterschall-Untersuchung raus, dass das Kind einen massiven Herzfehler hat und schon kurz nach der Geburt zum erste Mal operiert werden müsste. Astrid beginnt zu zweifeln, ob sie der Situation wirklich gewachsen sind und ob eine Abtreibung nicht auch eine Möglichkeit wäre.

In Deutschland ist eine Abtreibung in diesem Fall auch nach dem dritten Monat möglich, hier muss dem Ungeborenen allerdings mit einer Spritze der Herzstillstand herbeigeführt werden, bevor die Geburt eingeleitet wird. Astrid begreift, und Markus muss dies auch, dass ihr niemand diese Entscheidung abnehmen kann. Es gibt keine richtige und keine falsche Entscheidung, sie muss auf ihr Gefühl hören. Will sie das Kind bekommen oder nicht? Besonders erschwerend ist natürlich, dass sie in der Öffentlichkeit steht und ihre Entscheidung damit keine Private bleiben kann.

„24“ Wochen hat mich sehr berührt. Authentisch und kaum kitschig nähert sich die Regisseurin diesem schwierigen Tabuthema. Ich finde den Film sehr mutig und hoffe, dass er nicht allzu viel Gegenwind erfahren muss. Tatsache ist, so die Regisseurin bei der Pressekonferenz, dass sich in Deutschland 90 Prozent der Frauen, die ein Kind mit Down-Syndrom erwarten, für einen Schwangerschaftsabbruch entscheiden. Diese enorm hohe Zahl hat sie dazu veranlasst, einen Film über diese Entscheidungssituation zu machen. Sie selbst hat auch ein Kind abgetrieben.

Natürlich hat in Deutschland jede Frau das alleinige Recht, selbst zu entscheiden, ob sie ein Kind bekommt oder nicht, unabhängig davon, ob eine Krankheit/Behinderung vorliegt oder nicht. Trotz allem stehen diese Frauen sehr selten dazu, wenn sie sich gegen das Kind entscheiden, da Verurteilungen von Seiten des Umfelds, der Gesellschaft, der Kirche, der Moral erwartet werden.

Bjarne Mädel glänzt in der männlichen Hauptrolle. Und mein persönliches Highlight war die Pressekonferenz, in der ich ihm eine Frage stellen konnte. Da man ihn hauptsächlich mit Comedy in Verbindung bringt, ist seine Umsetzung einer solchen ernsten Rolle umso grandioser.

Ich hoffe und vermute, dass der Film den goldenen Bären abräumen wird oder zumindest „Ernie“ als bester Schauspieler.

https://www.facebook.com/berlinale/videos/10153978456993281/


Deutschland 2016

 

Regie:

Anne Zohra Berrached

 

Cast:

Julia Jentsch

Bjarne Mädel

Johanna Gastdorf

Emilia Pieske

Maria Dragus


Berlinale Berlinale 2016

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